Kulturrat fordert Kunst- und Kulturressort in der Europäischen Kommission

(Offener Brief vom 25.09.2019) Kein Ressort für Kunst und Kultur, sondern Zu- und Unterordnung unter „Innovation und Jugend“, aber ein Ressort für den „Schutz der europäischen Lebensweise“, zuständig für Migration. Wir fordern dazu auf, alle Möglichkeiten zu nutzen, um dieser Entwicklung mit aller Vehemenz entgegenzutreten.

 

Für ein Kunst- und Kulturressort in der Europäischen Kommission


An:
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
Österreichische Bundesregierung
Österreichische Parlamentarier_innen im EU-Parlament
EU-Kommissar Johannes Hahn
 

Wir wenden uns mit allem Nachdruck gegen die Vorschläge der designierten Kommissions-Präsidentin von der Leyen zur Neu-Strukturierung der Europäischen Kommission. Diese bringen kulturpolitische Positionen zum Ausdruck, die vehement abzulehnen sind.

Kein Ressort für Kunst und Kultur, sondern Zu- und Unterordnung unter „Innovation und Jugend“,
aber ein Ressort für den „Schutz der europäischen Lebensweise“, zuständig für Migration

In der zukünftigen EU-Kommission ist kein_e Kommissar_in mehr für Kultur vorgesehen. Die Kunst- und Kulturagenden werden dem Portfolio der EU-Kommissarin für „Innovation und Jugend“ zugeordnet. Nicht nur werden damit Kulturagenden der EU unsichtbar und im Portfolio der EU-Kommission geschwächt. Sie müssen sich auch dem Ziel der Innovations- und Jugendförderung unterordnen, wobei unter Jugend sämtliche Bildungsagenden subsumiert werden. Von Kulturförderung über Landes- und Sprachgrenzen hinweg bleibt unter dem Stichwort „Innovation“ letztlich nur die Förderung der Kreativindustrien und des baukulturellen Erbes übrig. Eine Entwicklung, die sich mit der Ernennung des letzten zuständigen EU Kultur-Kommissars von der ungarischen FIDESZ abgezeichnet hat, soll also solcherart ihre Fortsetzung finden.

Weiters: Eine europäische Lebensart gibt es nicht. Es ist schlicht unmöglich, einen kategorisierenden Rahmen für alle in Europa lebenden Menschen zu behaupten. Ein solches Konstrukt dient lediglich der Abgrenzung nach außen. Ein Blick in das Portfolio des designierten Vize-Kommissionspräsidenten und EU-Kommissars zum „Schutz der europäischen Lebensart“ bestätigt diesen Befund. Er soll für Migrations- und Sicherheitsagenden zuständig sein, nicht für den Schutz europäischer Grundwerte wie Menschenwürde, Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit (die laut von der Leyen die europäische Lebensweise ausmachen). Sein Auftrag lautet, die „berechtigten Ängste und Sorgen in Bezug auf den Einfluss von ungeregelter Migration auf unsere Wirtschaft und Gesellschaft ernstzunehmen und zu verringern“. Die Umbenennung des Migrationsressorts in ein Ressort „zum Schutz der europäischen Lebensart“ ist damit eine Ansage auf kultureller Ebene: „wir“ und „ihr“, EU-Bürger_in oder Migrant_in. Diese Übernahme des aktuell heftig geführten rechten Kulturkampfs in die offizielle Politik der EU ist abzulehnen.

Wir fordern Sie dazu auf, alle Ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, um diesen dem europäischen Kulturprojekt abträglichen Entwicklungen mit aller Vehemenz entgegenzutreten.

Weiterführende Information: 

 

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Der Kulturrat Österreich ist der Zusammenschluss der Interessenvertretungen von Kunst-, Kultur- und Medienschaffenden. Gemeinsam vertreten diese IGs rund 5500 Einzelmitglieder, 39 Mitgliedsverbände und deren Mitglieder, 700 Kulturinitiativen sowie 14 freie Radios.

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Coverfoto: Fotomontag, Foto by Basil Samuel Lade auf unsplash