Begegnungen und Austausch fördern
Zur Bedeutung der Volkshochschule der Burgenländischen Roma in Oberwart für Bildung und das kulturelle Selbstverständnis der Volksgruppe.
Ziel der 1999 als Teilorganisation der Burgenländischen Volkshochschulen gegründeten Volkshochschule der Burgenländischen Roma ist es, ein Bildungsangebot für Roma und Nicht-Roma, die an der Sprache und Kultur der Volksgruppe interessiert sind, zu schaffen sowie Begegnungen und Austausch zwischen Roma und Gadsche (Nicht-Roma) zu fördern.
Aktivitäten und Angebote
Betrachtet man den UNESCO-Atlas der gefährdeten Sprachen, findet man Roman in der Stufe 2 als definitiv gefährdet eingeordnet. Bei dieser Reihung muss man jedoch beachten, dass alle in Europa gesprochenen Romandialekte als eine Sprache verstanden werden. Für das Burgenland-Roman besteht jedoch eine sehr große Gefahr, da die Anzahl der Menschen, die Burgenland-Roman als Muttersprache sprechen, gegen Null tendiert. Daher gehören die Roman-Sprachkurse, die auf verschiedenen Niveaus abgehalten werden, zu den wichtigsten Angeboten der Volkshochschule der Burgenländischen Roma: Es gibt Schnupperkurse, Kurse für Anfänger/innen und Kurse für Fortgeschrittene.
Weitere Angebote der Volkshochschule der Burgenländischen Roma sind Veranstaltungen zur Belebung und Erhaltung der Kultur der Burgenland Roma. Da die Anzahl der im Burgenland lebenden Roma seit dem Porajmos – eine Eigenbezeichnung der Volksgruppe für den NS-Völkermord an den europäischen Roma und Sinti – bis heute sehr gering ist, stellt die Kulturerhaltung und -wiederbelebung einen Schwerpunkt in der Arbeit der Volkshochschule der Burgenländischen Roma dar. Dies geschieht beispielsweise bei Gesprächen mit Überlebenden des Porajmos, bei Lesungen aus Büchern von und über Roma, bei Gedenkveranstaltungen, bei Filmvorführungen, in der Vereinszeitung etc. In der heutigen Zeit besteht also nicht nur die Gefahr des Sprachverlustes, sondern auch eine des Verlustes der Traditionen und der Kultur. Diesen negativen Trend versucht die Volkshochschule der Burgenländischen Roma unter anderem auch mit Ausstellungen entgegenzuwirken. Bisher wurden drei Ausstellungen realisiert, die ein breites Publikum erreicht und die – jede auf ihre Art – neue Wege bei der Vermittlung von Kultur, Geschichte und sozialer Situation der Roma beschritten haben.
Drei Ausstellungsprojekte
Als erstes Ausstellungsprojekt konnte die Volkshochschule der Burgenländischen Roma ROMA 2000 realisieren, das als Ergänzung zur Burgenländischen Landesausstellung entwickelt wurde. Im Rahmen der Realisierung wurden Unterrichtsmaterialien in Form von CDs und DVDs entworfen, die bis heute in zahlreichen Schulen im Einsatz sind. Dafür wurden eine eigene Kinderschiene entwickelt und Kernelemente der Ausstellung auch als eigene Website online gestellt (siehe: www.burgenland-roma.at). Auch erhielten wir dafür den Staatspreis für Erwachsenenbildung 2002. Wegen der überaus positiven Resonanz und der anhaltenden Nachfrage wurde im Jahr 2012 ein Relaunch der Website realisiert, und nun präsentiert sich die Homepage in neuem Glanz.
Das zweite Ausstellungsprojekt, welches realisiert werden konnte, war ein güterweg und eine fracht (2005), die Schau stellte zehn Jahre nach dem Attentat in Oberwart und 60 Jahre nach Ende des Dritten Reichs die Geschichte der Volksgruppe dar. Hierfür wurde auch ein völlig neuartiges niederschwelliges Führungskonzept mit vielen partizipativen Elementen entwickelt.
2010 begann die Realisierung der dritten Ausstellung mit dem Titel RomaKinderWelten (2010 bis heute). Eine Ausstellung, die sich speziell der Fragen annimmt, wie die Kindheitssozialisationen von Angehörigen der Roma Minderheit verlaufen sind und ob sich tendenziell in den letzten 70 Jahren Änderungen abzeichnen. Dieses Projekt wurde 2010 erstmals gezeigt und wird an weiteren Ausstellungsorten um neue Interviews und Ausstellungsstücke erweitert.
Neue Konzepte der Kommunikation
In der Arbeit der Volkshochschule der Burgenländischen Roma werden neue Konzepte der Kommunikation zwischen Roma und Nicht-Roma erprobt. Auf der einen Seite wird beispielsweise ein moderierter Stammtisch angeboten, der 2009 eingeführt wurde, zunehmend an Beliebtheit gewann und bis heute fortgeführt wird. Auf der anderen Seite bietet das „Café Roma“ Autorinnen und Autoren – aus der Mehrheitsbevölkerung oder der Volksgruppe – einen Rahmen, ihre Werke über bzw. von Roma vorzustellen.
Wie auch in der Mehrheitsbevölkerung boten Feste stets einen Anlass, um Kultur, Tradition und das Miteinander zu pflegen. Deshalb entschied sich die Volkshochschule der Burgenländischen Roma zur Wiederbelebung des Roma-Balles im Südburgenland. Nachdem der sehr beliebte Roma-Ball nicht mehr veranstaltet wurde und mehrere Jahre nicht stattfand, begann man im Jahr 2011 auf Anregung mehrerer Roma, diese Aufgabe zu übernehmen.
Formen der wissenschaftlichen Reflexion
Kultur und Sprache werden mit verschiedenen Veranstaltungen gepflogen, wichtig ist jedoch auch eine wissenschaftliche Reflexion der Volksgruppe. Diese fördert die Volkshochschule der Burgenländischen Roma durch zwei verschiedene Veranstaltungstypen: Durch Studienreisen, welche seit mehreren Jahren durchgeführt werden, versucht man, die Gesamtheit der europäischen Roma, aber auch die jeweilige Situation der Volksgruppe in den diversen Ländern zu betrachten. Sie vermitteln Einblicke in die Lebenssituationen der Roma in anderen Staaten wie Rumänien, Ungarn, der Slowakei, Polen, Kroatien und in diesem Jahr Serbien. Zudem vertiefen sie das Wissen um die Lebensrealitäten in diesen Ländern und dienen der Vernetzung mit anderen Volksgruppenorganisationen.
Aber nicht nur durch Studienreisen versuchen wir, dieses Ziel zu erreichen, sondern auch durch das jährliche Symposium zum Internationalen Roma-Tag, welches im Rahmen eines hochkarätig besetzten Publikumsgesprächs brennende Themen im Zusammenhang mit der Roma-Minderheit aufwirft und – nach Möglichkeit – Verbesserungen initiiert.
Fazit
Wir sind erfolgreich, weil es uns gelingt, Formen und Methoden zu finden, die sowohl die Roma als auch die Nicht-Roma ansprechen. Jedoch müssen wir stets neue, intelligente Strategien entwickeln, die den gesellschaftlichen Veränderungen gerecht werden. Mit den bisher erfolgreichen Strategien, die zur Anerkennung als Volksgruppe und zur politischen Akzeptanz geführt haben, werden wir nicht weiter kommen. Wenn uns das gelingt, wird es möglich sein, mit unserer Arbeit die Vorurteilsstrukturen aufseiten der Mehrheit weiter zu verringern, durch Bildung und Selbstbewusstsein die gesellschaftliche Gleichstellung der Roma weiter zu stärken sowie Kultur und Sprache zu fördern.
Die Volkshochschule der Burgenländischen Roma
wurde als Teilorganisation der Burgenländischen Volkshochschulen mit Sitz in Oberwart gegründet.
Kontakt
Volkshochschule der Burgenländischen Roma
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