An die, die mich nicht kennen
An Wahltagen keine Stimme abgeben dürfen, am Arbeitsmarkt nur jene Arbeitsplätze beanspruchen zu können, die kein „Inländer“ in Anspruch nehmen will, in den Schulen die schlechtere Ausbildung abzukriegen, im Arbeitsalltag ein äußerst prekarisiertes Leben führen zu müssen, kontinuierlich strukturellen Ausschlüssen ausgesetzt zu sein, im Alltag zumeist einseitig exponiert und gleichzeitig unsichtbar zu sein: Im Geratter der strukturell ausgiebig bedienten rassistischen Projektionsmaschine wird das Defizit neuer, emanzipativer, demokratisch-partizipativer Horizonte nur noch deutlicher.
An Wahltagen keine Stimme abgeben dürfen, am Arbeitsmarkt nur jene Arbeitsplätze beanspruchen zu können, die kein „Inländer“ in Anspruch nehmen will, in den Schulen die schlechtere Ausbildung abzukriegen, im Arbeitsalltag ein äußerst prekarisiertes Leben führen zu müssen, kontinuierlich strukturellen Ausschlüssen ausgesetzt zu sein, im Alltag zumeist einseitig exponiert und gleichzeitig unsichtbar zu sein: Im Geratter der strukturell ausgiebig bedienten rassistischen Projektionsmaschine wird das Defizit neuer, emanzipativer, demokratisch-partizipativer Horizonte nur noch deutlicher. Auch wenn es in den Niederungen der Tagespolitik kleinräumig-nebelig bleibt, die aktuellen Krisen machen eines wieder greifbar – das Soziale als etwas herstellbares, verhandelbares und veränderbares. Was, fragt sich, wäre – auch im Kleinsten – zu machen, um ein mehr an Partizipation zu erreichen?
Im Vorfeld der Wahlen bot mir eine Mehrheitsösterreicherin, die weder meine Ansichten teilt, noch sich als politisch begreift, ihre Stimme an und erntete endlos-bittere Diskussionen in ihrem Umfeld. Ein erster Schritt? Für sie? Für mich? MigrantInnen nicht als leere Projektionsflächen zu begreifen bedeutet nicht weniger, als die tägliche Praxis ihrer Stimmen wahrzunehmen, sich damit auseinanderzusetzen, sie zu verstärken, ihre unterschiedlichen Perspektiven sichtbar zu machen. Zeit, die richtigen Worte und Orte für Diskussion, Repräsentation, Zuspruch, Kritik und Austausch zu finden. 900 Zeichen Platz fanden sich innerhalb dieser Kolumne für den Text einer diesen schlecht sichtbaren KulturarbeiterInnen und MitstreiterInnen.
Radostina Patulova
An die, die mich nicht kennen
Sie kennen mich nicht, aber sie drängen darauf sich über mein Leben Gedanken zu machen.
Sie kennen meine Geschichte nicht, aber sie vermuten durch ihre Geschichte meine zu wissen.
Sie kennen meine Gründe nicht, aber sie sind sicher, dass ihre größer sind.
Sie wissen nicht, womit ich mich auskenne, aber sie beharren darauf, meine Kapazität festzulegen.
Sie kennen mich nicht, aber durch meine Hautfarbe glauben sie, meinen Tätigkeitsbereich zu kennen.
Sie kennen mich nicht und mit ihrem diskriminierenden Benehmen stimmen sie dieser Unwissenheit zu.
Sie kennen mich nicht, aber durch meinen Reisepass denken sie, das Recht zu haben, mich einzuschätzen.
Sie kennen mich nicht, aber eins können sie schon ab heute wissen: was sie über mich wissen, ist einfach zu oberflächlich!
Warum bestehen sie immer noch auf ihre Ignoranz?
Danielli Karla Zickermann-Cavalcanti arbeitet bei maiz.
Der Text von Danielli Karla Zickermann-Cavalcanti entstand im Rahmen der Workshopreihe des Projektes Black! Oder Schwarz sehen in Linz! (2006) und wurde in der KUPF Zeitung Nr. 119 als Teil der Ergebnisse veröffentlicht.