Fossiles Sponsoring und die Verantwortung der Museen

Eine Aktion im Leopold Museum sorgte unlängst für hitzige Debatten in der Öffentlichkeit. Ein Kommentar von Leonhard Rabensteiner dazu.

Abbildung: Screenshot Video Letzte Generation

"Abbildung: Screenshot Video Letzte Generation"

Eine Aktion im Leopold Museum sorgte unlängst für hitzige Debatten: Am 15. November gossen zwei Aktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ eine schwarze, nach Öl aussehende Flüssigkeit auf die Glasscheibe vor dem Gustav Klimt-Gemälde „Tod und Leben“, und einer der beiden klebte seine Hand an der Scheibe fest. Die Aktion folgt einem Konzept, das seit dem Sommer dieses Jahres in meist europäischen Kunstinstitutionen eingesetzt wird:

Für Kameras werden Beschüttungen inszeniert und durch Festklebungen an bekannten Werken der Kunstgeschichte mediale Aufmerksamkeit erreicht, wodurch ein politisches Ziel erreicht wird: Auf den ökologischen Kollaps hinzuweisen und konkrete Maßnahmen einzufordern, die der Tragweite der Katastrophe gerecht werden. Die ausufernden Debatten um die Aktionsform1, die jene um das thematisierte Problem bei weitem überlagern, zeigen die fatale gegenwärtige Situation: Die Tragweite des Klimakollapses wird noch immer nicht von jenen in Verantwortungspositionen erkannt – oder schlimmer: Sie wird bestmöglich ignoriert, da so weiterzumachen wie bisher noch immer common sense ist.

 

Tod und Leben – mit freundlicher Unterstützung der OMV

Bei der Aktion im Leopold Museum wiesen die Aktivisten nicht nur generell auf die Zerstörung durch fossile Energieträger hin, sondern skandierten auch eine andere, konkrete Kritik:

"Firmen wie die OMV sponsern diese Ausstellung beispielsweise, sie wollen sich mit solchen Förderungen eine reine Weste waschen, genau wie die Tabakindustrie damals"2.

Kritik an fossilem Sponsoring ist in Österreich noch relativ unbekannt, da auch heimische Museen davon weitgehend verschont sind. Anders verhält es sich in stärker neoliberal geprägten Volkswirtschaften wie England und den Niederlanden, in denen Sponsoring einen wesentlichen Teil der Budgets – auch renommierter – Häuser ausmacht. Wenngleich der laufende Betrieb öffentlicher Häuser in Österreich durch Einnahmen und Subventionen vergleichsweise gut gedeckt werden kann, wird Sponsoring gerne gesehen, um etwa Sonderausstellungen oder Tage mit freiem Eintritt zu finanzieren.

Das Sponsoring ist nun freilich nicht wegen der Vorteile für Museen oder Besucher:innen zu kritisieren, sondern wegen der benefits für die Firmen: Sich als Mäzen zu präsentieren verbessert das Image von Unternehmen und deren Eigentümer:innen maßgeblich, Marken gewinnen durch die Assoziation mit angesehener Kunst an Wert. Bei Unternehmen, deren Geschäftsmodell nicht ganz so edel ist, findet dadurch Whitewashing (und je nach Art der Unterstützung auch Green- oder Artwashing) statt: Ist es erfolgreich, denken wir bei Öl- und Gasfirmen nicht mehr gleich an deren (klima)schädliches Geschäftsmodell und das Lobbying für dessen Fortführung, sondern an die kulturellen Genüsse, die uns die Firmen ermöglichten. Kulturgüter werden dadurch für etwas instrumentalisiert, was sich mitunter negativ auf die Allgemeinheit auswirkt. Ein Beispiel unter vielen waren Raymond und Mortimer Sackler, die das Vermögen für ihr Mäzenatentum durch ein Medikament verdienten, das für die Betäubungsmittelkrise der USA verantwortlich gemacht wird.

 

Die Verantwortung der Museen

In Reaktionen von Museen auf Aktivismus in ihren Häusern wird, teils mehr und teils weniger empathisch, die Bitte geäußert doch andere Räume für den Protest zu wählen und nicht Kunstwerke zu gefährden, wodurch jedoch eine Doppelmoral offenbar wird: Dass zunehmende gesellschaftliche Spannungen in Folge der Klimakatastrophe auftreten werden, welche die Sicherheit aller Kunstwerke der Welt mittelfristig massiv gefährden, wird bei diesen Statements jedoch weitgehend ausgespart, und nur der kurzfristige Schutz bedacht.


In den letzten Jahren schlägt sich das Problembewusstsein für das Klima glücklicherweise immer stärker in Museen und ihrer Bildungsarbeit nieder, und Initiativen wie die „Museums for Future“ zeigen, dass sich Mitarbeiter:innen für mehr Klimaschutz einsetzen. Auch stellen erste Häuser den Aktivist:innen Räume zur Verfügung.3 In diesem Licht ist es umso verwunderlicher, dass Verantwortliche wie Sabine Haag, die Direktorin des Kunsthistorischen Museums Wien, das Sponsoring durch fossile Unternehmen verteidigt und über den Betrag schweigt, mit der sich die OMV als „Generalpartner“ in ihrem Haus eingekauft hat.4

Wenngleich das Sponsoring und somit die Instrumentalisierung von Kunst in öffentlichen Häusern generell eingestellt werden sollte, müsste es spätestens seit den letzten Jahren offensichtlich sein, dass den direkt klimaschädlichen Unternehmen als erstes die Plattform in Kunstpalästen entzogen werden sollte. Eine in diesem Oktober zu Ende gegangene Europäische Bürger:innen-Initiative gegen fossile Werbung und Sponsoring zeigte zudem, dass sich eine immer lautere Abneigung gegen diese Art der Beeinflussung entwickelt.5

Solange Sponsoringverträge zwischen Museen und fossilen Konzernen weiter bestehen, sind Lippenbekenntnisse und gut gemeinte Bildungsarbeit eine Farce, da schnelles Geld offensichtlich mehr zählt als eine glaubwürdige Haltung oder vorausschauende Planung. Dabei müssten Museen gerade jetzt ihrer Verantwortung nachkommen und schon so viel mehr leisten, als bloß ihre eigenen Widersprüche zu überwinden.

Kunst- und Kulturschaffende sind ihnen schon einen Schritt voraus und solidarisieren sich aktiv mit den Klimaaktivist:innen: Mit dem Slogan „Klimaschutz ist kein Verbrechen!“ fordern sie in Österreich und Deutschland, Klimaschutz ernstzunehmen statt Aktivist:innen zu kriminalisieren. Hoffentlich schaffen sie es, Verantwortliche – nicht nur in gewissen Museen – aus ihrer Passivität zu rütteln.

1 Bislang kam es glücklicherweise kaum zu nennenswerten Schäden und es wurde bislang nur mit Gemälden interagiert, die sich hinter Schutzglas befanden. Den Aktivist:innen Zerstörung zu unterstellen ist in diesem Licht ein politischer Spin, der nicht unüberlegt übernommen werden sollte.

2 Das Video zu der Aktion findet sich auf Twitter: https://twitter.com/letztegenAT/status/1592461949719437312

3 Die Vorreiterrolle nimmt das Innsbrucker Ferdinandeum ein: https://www.tiroler-landesmuseen.at/ausstellung/klimaaktion-im-ferdinan…

5353,103 Menschen unterschrieben die Petition. https://banfossilads.org/de/