Frauen im 21. Jahrhundert: Situationen, Herausforderungen, Perspektiven
Von Zeit zu Zeit – etwa wenn das Statistische Amt der Europäischen Union seine aktuellen Zahlen zum geschlechtsspezifischen Lohngefälle veröffentlich und Österreich im EU-Ranking mal wieder mit einem Lohnunterschied von über 25 % auf den hintersten Rängen rangiert – schafft es das Thema auch auf die Titelseiten der Tageszeitungen.
Von Zeit zu Zeit – etwa wenn das Statistische Amt der Europäischen Union seine aktuellen Zahlen zum geschlechtsspezifischen Lohngefälle veröffentlich und Österreich im EU-Ranking mal wieder mit einem Lohnunterschied von über 25 % auf den hintersten Rängen rangiert – schafft es das Thema auch auf die Titelseiten der Tageszeitungen: Arbeit, das ist kein Geheimnis, ist im Geschlechterverhältnis nach wie vor ungleich entlohnt, ebenso wie sie immer noch ungleich verteilt ist – und zwar v. a. dann, wenn neben entlohnten auch nicht-entlohnte Formen der Arbeit berücksichtigt werden. Dass das eine nicht ohne das andere zu verstehen ist, macht ein neuer, von Alexandra Weiss und Verena Simetzberger herausgegebener Sammelband deutlich. Die Grundlage für das Buch bildet eine Vortragsreihe, die sich 2008/09 in Innsbruck um einen – wie es die Herausgeberinnen formulieren – „Wissenstransfer“ zwischen unterschiedlichen Wissenschafts- und Praxisfeldern bemühte.
Neben grundsätzlich-analytischen Überlegungen etwa zum Arbeitsbegriff, wie sie von Gisela Notz in ihrem Artikel angestellt werden, finden sich dabei v. a. Beiträge, die anhand von Entwicklungen in Österreich unterschiedliche Facetten der geschlechter-hierarchischen Arbeitsteilung und ihrer historischen Transformation behandeln. So beschäftigt sich etwa Edeltraud Ranftl mit der eingangs erwähnten Frage des geschlechtsspezifischen Lohngefälles als Folge direkter (Entgelt-)Diskriminierung im Sinne eines Verstoßes gegen den Grundsatz des gleichen Lohns für gleichwertige Arbeit. Betont wird dabei allerdings, dass bei der Erklärung des Pay Gap auch Arbeitsteilungen im Bereich der Erwerbsarbeit nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Das gilt einerseits für die Segregation des Arbeitsmarkts in horizontaler Hinsicht, also für die Existenz geschlechtlich segregierter Branchen und typisierter Berufe, wobei Frauen tendenziell dort am stärksten vertreten sind, wo (nicht nur) die Entlohnung am geringsten ist. Im Sammelband verdeutlicht wird dies etwa von Petra Völkerer und Sybille Pirklbauer am Beispiel der haushaltsnahen Dienstleistungen sowie von Anneliese Bechter am Beispiel der Pflegeberufe. Andererseits gilt dies aber auch für die Segregation in vertikaler Hinsicht, was Sabine Engel anhand von Entwicklungen an österreichischen Universitäten zeigt, wo auch nach Jahrzehnten gleichstellungspolitischer Kämpfe v. a. in den höhere Positionen Frauen bis heute unterrepräsentiert sind. Als weitere Dimension der Arbeitsteilung im Bereich der Erwerbsarbeit lässt sich schließlich jene bestimmen, die sich an unterschiedlichen Arbeitsformen und -verträgen festmacht: So zeigt etwa Käthe Knittler, dass atypische Arbeit immer noch mehrheitlich Frauenarbeit ist, was vielfach mit einer – quantitativ nur bedingt fassbaren – Prekarisierung weiblicher Arbeits- und Lebensverhältnisse einhergeht. All dies kann, wie im Gros der Beiträge deutlich wird, nicht losgelöst von der Teilung in markt- und familienvermittelte bzw. entlohnte und nicht-entlohnte Formen der Arbeit begriffen werden. Dass hier die Frage der Lebens- und Familienformen von zentraler Bedeutung ist, zumal Verteilungsfragen im Bereich der Erwerbsarbeit eng mit jenen im Bereich der Haus- und Versorgungsarbeit verbunden sind, zeigen v. a. die Artikel von Erika Thurner sowie Alexandra Weiss.
Insgesamt bietet der Sammelband so einen kompakten Überblick zu historischen und aktuellen Veränderungen im Verhältnis von Arbeit und Geschlecht, der sich nicht zuletzt durch seine Bezugnahme auf gleichstellungspolitische Praxen sowie durch eine weitgehend voraussetzungslose Auseinandersetzung mit seinem Gegenstand auszeichnet. Dass dies aus dem Titel des Sammelbands leider kaum ersichtlich wird, sei als kritische Fußnote jedoch vermerkt.
Weiss, Alexandra/Simetzberger, Verena (Hg.): Frauen im 21. Jahrhundert: Situationen, Herausforderungen, Perspektiven. Gesellschafts- und sozialpolitische Aspekte. Innsbruck: innsbruck university press 2010