Frauen und Politik. Nachrichten aus Demokratien
Ein Buch, das sich mit feministischen Positionen zu Demokratie beschäftigt, ist gegenwärtig in mehrfacher Hinsicht ein ungewöhnliches Unterfangen. Politisches Denken im Allgemeinen und feministische Politik und politische Theorie im Besonderen liegen ganz deutlich außerhalb des gesellschaftlichen (und daher auch wissenschaftlichen) Mainstreams.
Ein Buch, das sich mit feministischen Positionen zu Demokratie beschäftigt, ist gegenwärtig in mehrfacher Hinsicht ein ungewöhnliches Unterfangen. Politisches Denken im Allgemeinen und feministische Politik und politische Theorie im Besonderen liegen ganz deutlich außerhalb des gesellschaftlichen (und daher auch wissenschaftlichen) Mainstreams. Trotzdem wird nach wie vor feministisch politisch gedacht und dieser Band gibt einen breiten Überblick über verschiedene Themen und Perspektiven der feministischen Demokratietheorie und -praxis.
Hervorgegangen ist der Sammelband aus einer gleichnamigen Tagung im Jahr 2006, einer Tagung, deren Anliegen es war, „einen Haufen Frauen zu versammeln, um gemeinsam wild und gründlich nachzudenken“, wie Miriam Wischer in ihrem einleitenden Beitrag schreibt. Es sollte darum gehen, „Haltungen zu erproben und sie auch infrage zu stellen, sie zu verändern oder aufzugeben.“ Das Buch spiegelt diesen Ansatz wider. Es vereinigt Perspektiven, die nicht nur aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen kommen, sondern auch durchaus unterschiedliche Konzeptionen von Demokratie und Einschätzungen der gegenwärtigen politischen Situation enthalten. So betont etwa Gerburg Treusch-Dieter den von Anfang an ausschließenden Charakter von Demokratie, während Chantal Mouffe die Chancen einer pluralistischen Demokratie für die Austragung politischer Konflikte hervorhebt. Luise Gubitzer andererseits – um noch einen Beitrag beispielhaft und eher willkürlich herauszugreifen – setzt nicht an politischen Prozessen und Institutionen an, sondern an der ökonomischen Lage und betont die Notwendigkeit einer politischen Ökonomie.
Gemeinsam ist den Beiträgen, dass sie kämpferisch sind, dass sie eine Position deutlich machen, dass sie ein Begehren ausdrücken, wie auch die Bereitschaft, für dieses Begehren einzutreten. Nicht nur (wenn auch wesentlich) in Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit, sondern mit Bezugnahme auf unterschiedliche Arten von Diskriminierung und Ausschluss, etwa auch aufgrund von ethnischer Herkunft und Klasse. Wobei hier nicht nur der neoliberale Mainstream oder die populistische Rechte angegriffen wird, sondern es durchaus auch um feministische Selbstkritik geht – wenn etwa Carla Amina Baghajati in Hinblick auf muslimische Frauen schreibt: „Vor allem, wo es um Frauenthemen geht, geraten muslimische Frauen leicht zwischen die Fronten wohlmeinender BefreierInnen hier und traditionalistischer Vertreter der eigenen Community dort, die konträr, aber in der Art des ideologischen Zugangs verblüffend ähnlich letztlich die Definition, warum frau sich so oder so zu verhalten hätte, nicht den muslimischen Frauen selbst überlassen können.“ Repräsentationslogiken und -anmaßungen sind auch feministischen Positionen nicht fremd, können aber gerade aus dieser Sicht auf spezifische Weise erkannt und bearbeitet werden. Die Position des Unterdrücktseins befördert eine spezifische Art des Denkens, das in der Lage ist, eigene Erfahrungen von struktureller Ungerechtigkeit zu verallgemeinern – dies wird auch in den Beiträgen zu Rassifizierung (Maureen Maisha Eggers) und MigrantInnen (Luzenir Caixeta/Elisabeth Cepek-Neuhauser) deutlich.
Insgesamt ein spannendes, vielfältiges Buch, das die Forderung nach radikaler Pluralität, die Birge Krondorfer in ihrem Abschlussbeitrag erhebt, einlöst. Ein wenig schade, dass sich die „Vermittlung und Verknüpfung unterschiedlicher Erkenntnisweisen“ (Miriam Wischer), die von der Tagung geleistet werden sollte, nicht im Buch niedergeschlagen hat. Die Konfrontationen zwischen den Beiträgen kann sich der/die LeserIn vorstellen; explizit gemacht und weiter gedacht werden sie innerhalb des Bandes nicht. Vielleicht gelingt das in einer künftigen Publikation zu feministischer Politik?
Birge Krondorfer, Miriam Wischer, Andrea Strutzmann (Hg.): Frauen und Politik. Nachrichten aus Demokratien. Wien: Promedia 2008