King Kongs Gorilla Press Backbreaker: Gentrified – GentriFad

Das Tacheles ist also Geschichte, das Kunsthaus in Berlin Mitte, das sich seit 1990 erfolgreich als alternatives Zentrum gegen die grassierenden Verdrängungsprozesse in der Hauptstadt Deutschlands wehrte, unter dem Slogan „Arm, aber sexy!“

Das Tacheles ist also Geschichte, das Kunsthaus in Berlin Mitte, das sich seit 1990 erfolgreich als alternatives Zentrum gegen die grassierenden Verdrängungsprozesse in der Hauptstadt Deutschlands wehrte, unter dem Slogan „Arm, aber sexy!“ Menschen mit den verschiedensten finanziellen und kulturellen Hintergründen anlockte und ihnen eines jedenfalls bot: Platz und billige Mieten. Doch mittlerweile füllen sich Baulücken mit Immobilien, die auf das große Geschäftemachen abzielen, und Sanierungen dienen nicht vorrangig den durchmischten Bevölkerungsgruppen, sondern ihrer Segmentierung und schließlich der Verdrängung sozialschwacher an die Ränder der wachsenden Stadt. Trotz der größer werdenden Kritik unter dem Motto „Der Prenzlauer Berg wird so, wie das Dorf, aus dem ihr vor Langeweile geflohen seid!“ gehen diese Entwicklungen in zahlreichen Städten Europas und Nordamerikas weiter. Der Kapitalismus erweist sich dabei schon immer als ewig hungriger Schlund, der alles in seinen Dienst stellt – seien es KünstlerInnen, die mit ihren Ateliers und Designshop selbst aus Müll noch Gold machen, shopping-interessierte, schwule DINKS (Double Income No Kids) oder sogenannte Multikulti-Trendsetters, die für TouristInnen den exotischen Kick anbieten sollen. Das Problem ist nur, dass jeder Hype irgendwann abgelutscht ist und die polierten Fassaden aus Glas und Nirosta zwar gut gegen Graffitis sein mögen, aber wie formulierte es @annalist so treffend: „Berlin räumt das Tacheles. ,Die Zeit der Spiel-, Entfaltungs- und Freiräume ist tatsächlich vorbei‘. Hallo Langeweile.“

Amsterdam räumt dafür gleich ganze Straßenzüge wie die Spuistraat im Zentrum der Stadt, säubert die Fenster des Rotlichtviertels und setzt Designerinnen statt Sexarbeiterinnen in die Auslage. Das Besetzen von Spekulationshäusern ist seit Herbst letzten Jahres verboten. Es heißt, mehr als 300 Häuser stehen auf den Räumungslisten. Die Kunstaffinen in den Regierungen bemerkten schon vor Jahren besorgt, dass die jungen, gut ausgebildeten Kunstschaffenden die Stadt verlassen, weil Wohn- und Arbeitsraum unerschwinglich sind, und versuchten, mit den sogenannten „Brutplätzen“ meist ehemalige besetzte Häuser als geförderte Atelierhäuser zu etablieren. Nur wohnen darf darin keine/r mehr, und die Mieten für die Brutplätze sind schon jetzt kaum zu berappen. Was zur Folge hat, dass es zu starken Migrationsbewegungen kommt – richtig geraten, in Richtung Berlin.

Der Tross zieht nicht nur in Europa weiter, und Wild West Assoziationen liegen besonders in Städten wie New York City nahe, die gerade ihre Spur der Verdrängung von Williamsburg weiter nach Bushwick ziehen lässt. Und wie immer zeigt sich das gleiche Schauspiel: Aufwertung, Ausverkauf, Rausschmiss sowohl von sozialschwachen Bevölkerungsgruppen als auch infolge von den Hipstern selbst. Diese können sich die Mieten in Bälde nämlich auch nicht mehr leisten.

Wie, stellt sich schließlich die Frage, können diese Entwicklungen gestoppt werden? Welcher zivilgesellschaftliche Widerstand muss sich organisieren, damit die wachsenden Städte dem Grundrecht auf Wohnen für alle gerecht werden können? Die Occupy-SeniorInnen von Pankow, die sich ihren Treff nicht schließen lassen wollen, machen es vor, was @AndrejHolm mit seinem Buchtitel so treffend formuliert: Wir bleiben alle!

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