Künstlerisches Schaffen und intellektuelle Kritik sind Motor für gesellschaftliche Entwicklung
Eine der großen Errungenschaften der aufgeklärten Politik, wesentlich des 20. Jahrhunderts, ist es, künstlerisches Schaffen und intellektuelle Kritik als Chance für Erkenntnis und Kurskorrektur und damit als Motor der gesellschaftlichen Entwicklung zu betrachten. Kulturpolitik, die sich so definiert, und ich bekenne mich zu diesem Politikverständnis, sieht ihre Aufgabe darin, Rahmenbedingungen für das künstlerische Schaffen zur Verfügung zu stellen. Kulturpolitik gibt keine Inhalte vor, reguliert Kunst nicht, sie ordnet nicht an, sondern sie schafft den Rahmen, in dem sich Kunst entwickeln kann. Österreich kann für sich in Anspruch nehmen, unter den aufgeklärten Staaten des westlichen Europas eine Vorreiterrolle eingenommen zu haben. Das Bekenntnis zur Freiheit der Kunst wurde 1982 in der österreichischen Verfassung, Artikel 17a Staatsgrundgesetz, verankert.
Kunst muss sich entfalten können, damit sie uns mit ihrem Blick auf die Gesellschaft eine Chance zur Erkenntnis geben kann. Neben der Wahrung der Freiheit der Kunst und ihrer Unterstützung, vor allem auch in finanzieller Hinsicht, gilt es heute, eine breite kritische Öffentlichkeit als Rezipienten der Kunst zu gewinnen. Denn: Erst über die gesellschaftliche Wahrnehmung kann Kunst ihre volle gesellschaftliche Wirkung entfalten. „Förderung von Kunst“ und „Förderung einer kritischen Öffentlichkeit“ gehören zusammen – hier verbindet sich Kulturpolitik mit Bildungspolitik. Demokratische Gesellschaften brauchen die emotionale Reife der BürgerInnen. Bildung, Kunst und Kultur unterstützen uns auf unserem Weg zur Bildung unserer Persönlichkeit, zur Bildung unserer persönlichen Identität.
Kultur der Begründbarkeit bei Förderverfahren
Transparenz, Offenheit und Dialog sind für mich wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kulturpolitik. Bei der Vergabe von öffentlichen Geldern tragen wir eine hohe Verantwortung. Ich greife die Anregungen der IG Kultur hinsichtlich der Transparenz bei der Kulturförderung auf. Wir sollten KünstlerInnen nachvollziehbare Begründungen für Zusagen oder Ablehnungen ihrer Förderanträge mitteilen. Ich schätze das Engagement der Kunstschaffenden und Kulturinitiativen unseres Landes. Die Freie Szene leistet einen großen Beitrag zum kultur- und gesellschaftspolitischen Diskurs.
Kunst- und kulturpolitische Ziele des RegierungsprogrammsErste Ergebnisse zur Verbesserung der Einkommenssituation von KünstlerInnen hat die Interministerielle Arbeitsgruppe (IMAG) erzielt. In gemeinsamer Anstrengung der Bundesregierung wurden mit dem KünstlerInnensozialversicherungs-Strukturgesetz, einem KünstlerInnen-Servicezentrum, einem neuen Schauspielergesetz sowie einem Mentoring-Programm von Frauen für Frauen Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Lage von KünstlerInnen gesetzt.
Seit 2009 werden mit etablierten Institutionen der Kunst und Kultur mehrjährige Förderverträge abgeschlossen, um deren Planungssicherheit zu erhöhen. Das Budget für die Arbeit von Kulturinitiativen wurde um 500.000 Euro erhöht und beträgt jetzt über 5 Mio. Euro. Mit dieser Erhöhung des Budgets können seit 2009 zusätzlich verstärkt regionale Kultureinrichtungen, zeitgenössische Kunstschaffende in der Region sowie Projekte zum interkulturellen Dialog gefördert werden.
Mit den neuen Museumsordnungen und den neuen Geschäftsordnungen für Kuratorien und Geschäftsführungen der Bundesmuseen und der Österreichischen Nationalbibliothek werden wichtige Schritte für eine professionelle Public Governance gesetzt.
Der Ausbau der Kunst- und Kulturvermittlung ist ein weiterer kulturpolitischer Schwerpunkt. Der mit 1. Jänner 2010 eingeführte Freie Eintritt für junge Menschen bis 19 Jahre in die Bundesmuseen und die Österreichische Nationalbibliothek ist ein großer Erfolg. Durch diese Maßnahme konnte ein Besucherplus von 24 % in dieser Altersgruppe verzeichnet werden. Bis Juni 2011 haben insgesamt über 1,3 Mio. Kinder und Jugendliche dieses Angebot genutzt. Begleitend zum Freien Eintritt bis 19 wurde in den Bundesmuseen und der ÖNB die Vermittlungsarbeit intensiviert. Im Bereich darstellende Kunst hat sich die bundesweite Theaterinitiative Macht|schule|theater etabliert. Bei der dritten Runde 2011 arbeiteten 17 Kulturinstitutionen und über 700 SchülerInnen von 45 Schulen zusammen. Im Rahmen der ganztägigen Angebote an Schulen wird es zu verstärkten Kooperationen von Schulen mit Musikschulen, Kulturvereinen, Kulturinstitutionen, Theatergruppen etc. kommen.
Die Förderung und Wertschätzung der zeitgenössischen Kunst ist mir ein besonderes Anliegen. Dies gelingt u. a. durch unsere umfangreichen Stipendienprogramme sowie Preise wie die outstanding artist awards. Ergänzend zu den Förderungen in den verschiedenen Sparten wie Literatur, Musik, bildenden Kunst, Architektur, Film oder von Galerien, Messeauftritten sowie Verlagen setzt das Kunstministerium einen Fokus auf die Förderung junger KünstlerInnen am Beginn ihrer Karriere. 90 START-Stipendien in acht Kategorien mit einem Gesamtfördervolumen von rd. 600.000 Euro jährlich sollen jungen, freiberuflichen KünstlerInnen ihren Einstieg in die österreichische und internationale Kunstszene erleichtern. Mit Auslandsateliers und Auslandsstipendien unterstützen wir Kunstschaffende, ihre eigenen Ideen durch die Arbeit in der internationalen Kunstszene weiter zu entwickeln und sich weltweit zu vernetzen. Die Praterateliers sind wieder voll und ganz der Kunst gewidmet.
Mit dem Fördersystem im Bereich Film werden FilmemacherInnen bei der Entwicklung, Herstellung und Verwertung ihrer Projekte unterstützt. Ich freue mich, dass wir das Budget für den innovativen Film 2007 von 1 Mio. auf 2 Mio. Euro verdoppeln konnten. Die Finanzierung des Österreichischen Filminstituts (ÖFI) wurde von 9,6 Mio. Euro (2006) auf derzeit 16,57 Mio. Euro erhöht. Mit dem erfolgreichen Projekt „Wanderkino“ werden Schwerpunkte im Bereich Filmvermittlung gesetzt. Im Rahmen des Film/Fernseh-Abkommens 2011 wurden die Mittel von 5,9 Mio. auf 8 Mio. Euro für die österreichische Filmwirtschaft erhöht. Mit der Förderinitiative Filmstandort Austria (FISA) des Wirtschaftsministeriums wurde kürzlich eine neue Förderschiene eingeführt. Im Zuge der notwendigen Digitalisierung der österreichischen Programmkinos wird an einem Finanzierungsmodell gearbeitet, bei dem das Ministerium einen Kofinanzierungsbeitrag von bis zu 25 % der gemeinsam vereinbarten Basiskosten pro Kinosaal übernehmen wird.
Stabiles Kunst- und Kulturbudget trotz Budgetkonsolidierung
Das Bundesministerium für Unterricht und Kunst ist ein verlässlicher finanzieller Partner der Kunst. In Österreich haben wir – im Vergleich zu anderen Ländern in Europa – trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds ein stabiles Kunst- und Kulturbudget. Es ist unsere gemeinsame Verpflichtung, der Kunst ihre Freiheit zu garantieren, sie zu fördern und wertzuschätzen, ohne sie zu vereinnahmen.