The open is my home

Der öffentliche Raum wird wieder zur Agora oder zur Arena radikal demokratischer Auseinandersetzungen. Nicht dass die Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes abgeschlossen wäre, es regen sich dennoch vielerorts Bewegungen, die sich den Marktplatz als Versammlungs- und Verhandlungsort zurück erobern.

Der öffentliche Raum wird wieder zur Agora oder zur Arena radikal demokratischer Auseinandersetzungen. Nicht dass die Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes abgeschlossen wäre, es regen sich dennoch vielerorts Bewegungen, die sich den Marktplatz als Versammlungs- und Verhandlungsort zurück erobern. Die bekanntesten Beispiele sind die diversen Besetzungen in den Ländern Nordafrikas. Aber ebenso die nicht nur auf Spanien begrenzte Yes, we camp-Bewegung hat den öffentlichen Raum als Ort demokratischer Ein- und Ausübungen begriffen.

Dass aber diese einmal errungenen Rechte der Versammlungsfreiheit jedenfalls in unseren Regionen garantierte Rechte seien, steht immer wieder in Frage. Der Tierrechtsprozess ist ein mahnendes österreichisches Beispiel, ein anderes sind die dieser Tage stattfindenden Gay Pride Paraden. Die Vorkommnisse rund um die Budapester Parade 2011 sprechen Bände, wurde ja schon im Februar versucht, die Parade aufgrund der zu erwartenden Verkehrsbehinderungen zu verbieten oder jedenfalls die Route massiv zu kürzen. Das Begehren der Pride-Organisator_innen jedenfalls, näher an das ungarische Parlament zu marschieren, konnte dann aufgrund eines höchstgerichtlichen Beschlusses durchgesetzt werden. Seit 2007 werden die seit Mitte der 1990er stattfindenden Budapester Paraden jedoch von Rechtsextremen angriffen und gefährdet. Und obwohl es in Ungarn bisher besseren Antidiskriminierungsschutz für (sexuelle) Minderheiten als in Österreich gibt, scheint es möglich zu sein, dass Protestierende nicht nur Homosexuelle und Juden und Jüdinnen beschimpfen, sondern für diese Gruppen gleich auch noch den Strick fordern. Auf zahlreichen Fotos sind ein paar junge Männer zu sehen, die jeweils ein Plakat in die Kameras halten, auf denen ein Galgenstrick und ein rosa Winkel zu sehen sind. „So gehört mit Schwulen umgegangen!“, ist auf diesen zu lesen.

Die extreme Rechte in Ungarn, die mit der Partei Jobbik im ungarischen Parlament sitzt, ist – ebenso wie ihre Vorfeldorganisationen – gut organisiert. Dies zeigt sich immer wieder in ihren koordinierten Übergriffen auf queere Bevölkerungsgruppen und insbesondere auf Roma. Offenbar kommt es auch immer öfter zu einer Täter-Opfer-Umkehr, mittels derer sich die extreme Rechte als Minderheit und unter den Antidiskriminierungsschutz fallende Gruppe stilisiert. Diese Strategie wurde, wie es scheint, auch bei einer Gruppe queerer Aktivist_innen aus Wien angewandt, die – nachdem sie die Budapester Parade 2011 verlassen wollte – auf dem Weg zum Bus in eine inszenierte Falle geraten war: von zwei rechtsextremen jungen Frauen mit einem Stinkspray besprüht, von beigestellten Fotografen abgelichtet, von einer hinzugezogenen Gruppe radikaler Schläger verbal bedroht und mit Morddrohungen bedacht, von der Polizei noch kurz geschützt und dann als Täter_innen vorgeführt, nachdem der Jobbik-Abgeordnete Gyula György Zagyva bei der Polizei vor Ort interveniert hatte. Das Ergebnis waren zwei Anzeigen gegen queere Aktivist_innen, 50 Perlustrierungen sowie Foto- und Videomaterialien der Gruppe aus Wien, die von den Rechtsextremen im Web veröffentlicht wurden. Der Angriff schien sehr gut geplant und vorbereitet gewesen zu sein und traf die Wiener Gruppe nur zufällig. Gefordert ist nun eine sofortige Einstellung der Ermittlungen – sowie Solidarität mit den weiterhin attackierten Queers und Roma in Ungarn und sonst wo.

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Ungarnblog Pusztaranger