Steigerung von Benachteiligung - Vorarlberger Kulturvereine kämpfen um Existenz

Pressemitteilung vom 19. Januar 2024
Alles andere als ein gelungener Start - die IG Kultur Vorarlberg ortet trotz Kulturbudgetsteigerung für 2024 und unlängst veröffentlichtem Kulturstrategie-Update weiterhin Benachteiligungen für kleine und mittelgroße Kulturvereine. Bestätigt wird das durch die aktuelle Meldung des Bregenzer Theatervereins motif: Diese Woche kündigte die vermietende Vermögensabteilung des Landes Vorarlberg dem interkulturellen und landesweit präsenten Theaterprojekt auf Ende März den Raum in der Kirchstraße. Als Grund wurde Sanierungs- und Eigenbedarf angegeben.

Der Verein motif ist einer der vielen ehrenamtlich organisierten Vorarlberger Kulturvereine und seit 19 Jahren aktiv. Seit 14 Jahren bietet das Vereinslokal in der Bregenzer Kirchstraße Probemöglichkeiten für jährliche Theaterproduktionen unter Beteiligung professioneller Theaterschaffender wie Daniela Egger, Michael Schiemer, Barbara Herold oder aktuell Amos Postner. Der Wert dieser Arbeit wurde vielfach ausgezeichnet, jüngst vom Bundesministerium Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport mit dem Outstandig Artist Award für Kulturinitiativen. Bis Ende März muss der Verein für seine Kulturarbeit und Proben jedoch einen neuen Raum finden, da der Mietvertrag mit dem Land überraschenderweise nicht verlängert wurde.

Entrüstung bei der IG Kultur

„Wir sind fassungslos!“ konstatiert Mirjam Steinbock, Geschäftsführerin der IG Kultur Vorarlberg. „Ein Mietvertrag kann auslaufen und ein Eigenbedarf ist nachvollziehbar, der Verein steht aber mitten in der Produktionsvorbereitung eines Stücks anlässlich 60 Jahre Anwerbeabkommen Österreich-Türkei und probt regelmäßig im eigenen Lokal. Dass die Vermögensabteilung des Landes Vorarlberg das Mietverhältnis ohne Rücksprache mit dem Mieter und den fördergebenden Abteilungen plötzlich kündigt, können wir nicht nachvollziehen.“

Yener Polat, Obmann des Vereins motif, dazu: "Der Raum in der Kirchstraße ist weit mehr als ein Vereinslokal: Er ist Lebensraum für viele Menschen, die sich abseits von Politik, Religion oder anderen Unterschiedlichkeiten austauschen. Viele Kinder und Jugendliche sind aufgrund schlechter Erfahrungen und Ausgrenzung anfangs verunsichert. Bei unseren Workshops und mit dem Theaterspiel an verschieden Orten stärkt sich ihr Vertrauen. Ich weiß gar nicht, wie ich ihnen das jetzt erklären soll ..."

Margret Broger, Obfrau des Trägervereins vom Frauenmuseum Hittisau und Beiratsmitglied für Kulturinitiativen beim Bund, zeigt sich ebenfalls entrüstet: “Yener Polat und sein Team engagieren sich seit bald 20 Jahren für den interkulturellen Austausch, bringen Kinder und Jugendliche in Kontakt mit Kunst und zeigen jährlich Theaterstücke mit Akteur:innen aus Österreich, der Türkei und anderen Ländern. Das bringt das Amateurtheater mit dem professionellen Bereich auf eine einzigartige Augenhöhe und erzeugt Verbindung - davon können wir alle lernen und profitieren. Dass diese Arbeit mit Kindern und Jugendlichen einen Raum hat, ist das Mindeste, was ein Land im Gegenzug bieten sollte.“

Große Herausforderungen für freie Szene 

Die Interessenvertretung IG Kultur Vorarlberg sieht ehrenamtliche, autonome und dezentrale Kulturarbeit auch angesichts eines um 10,5% erhöhten Kulturbudgets für 2024 vor immense Herausforderungen gestellt und sich selbst überlassen. Landeseigene und landesnahe Kultureinrichtungen seien in der Ressourcenaufteilung und in der Wertschätzung seitens des Landes Vorarlberg deutlich im Vorteil, so Mirjam Steinbock: „Es geht aus Studienergebnissen wie auch aus der landeseigenen Kulturstrategie hervor, dass das Verhältnis die Budgetverteilung im Landeshaushalt und im Kulturbudget betrachtet und adaptiert gehört. Im Vergleich zu den großen Kulturplayern sind vor allem kleine und mittelgroße Kulturinitiativen im Nachteil. Hier gibt es keine klar definierten Maßnahmen, die den Umgang mit Teuerungen, Inflation, Transformationsprozessen, Nachhaltigkeitsthemen oder Generationenwechsel erleichtern. Dabei gewährleisten gerade diese Einrichtungen offene und vor allem leistbare Zugänge zu Kunst und Kultur.“
 
Im Fall motif appelliert die IG Kultur Vorarlberg an die Subventionsgeber Land Vorarlberg und Stadt Bregenz, gemeinsam mit dem Verein nach Raumlösungen zu suchen.
 

Weiterführender Link:
Kommentar der IG Kultur Vorarlberg zum Kulturstrategie-Update unter https://vorarlberg.igkultur.at/politik/vorarlbergs-neue-kulturstrategie-und-das-ringen-um-ressourcen