VorRisse
Insbesondere in den vergangenen Monaten, aber auch schon im Herbst vergangenen Jahres haben Studierende weltweit gegen die aktuellen „Bildungsreformen“ protestiert, gegen die Zurichtung der Lehre und Lernenden auf die Erfordernisse von kapitalistischer Verwertung und neoliberalem Elitismus, oder auch für die Abschaffung von Studiengebühren. Ein heißer Herbst kann folgen.
Insbesondere in den vergangenen Monaten, aber auch schon im Herbst vergangenen Jahres haben Studierende weltweit gegen die aktuellen „Bildungsreformen“ protestiert, gegen die Zurichtung der Lehre und Lernenden auf die Erfordernisse von kapitalistischer Verwertung und neoliberalem Elitismus, oder auch für die Abschaffung von Studiengebühren. Ein heißer Herbst kann folgen.
Nachdem die Kulturrisse im vergangenen Jahr in einem Heftschwerpunkt Aspekten und politischen Konnotationen alternativer Wissensproduktion und selbstorganisierter Bildung nachgespürt haben, widmen sich die Oppositionen dieser Ausgabe einer Analyse und exemplarischen Darstellung dieser jüngsten Kämpfe, Besetzungen, Streiks sowie der Institution, gegen die, aber auch aus der sie entstanden: der Universität. Gerald Raunig plädiert in seinem Text angesichts des Amalgams „von Repression und Selbstregierung der Studierenden“ und dem diffus gewor- denen „Gefüge von Institutionen und kooperativen Netzwerken der Wissensproduktion“, dafür, den Kampf um Freiräume innerhalb der Universitäten nicht aufzugeben, seien diese doch möglicherweise die letzten Orte der Konzentration. Der Text umreißt auch die Bedeutung des transnationalen Netzwerks edu-factory und die Diskurse der Studierendenbewegungen in Italien. Aspekte dieser Diskurse vertieft dann der Artikel von George Caffentzis und Silvia Federici. Sie verweisen auf die strategische Rolle des Wissens und stellen die Frage nach der empirischen Tragfähigkeit und theoretischen Konsistenz des Begriffs „kognitiver Kapitalismus“ sowie nach den Möglichkeiten einer politischen Neuzusammensetzung der ArbeiterInnenschaft. Eine Präzisierung, nicht Homogenisierung der Begrifflichkeiten sei notwendig: „Wir können das ,kognitive‘ Netz nicht so weit auswerfen, dass beinahe jede Form der Arbeit zu ,kognitiver‘ Arbeit wird, ohne beliebige soziale Gleichsetzungen zu erzeugen und unser Verständnis dessen, was an der ,kognitiven Arbeit‘ in der aktuellen Phase des Kapitalismus neu ist, zu verwischen.“
Drei Texte gehen schließlich auf Bewegungen der vergangenen Monate ein: Leonardo Kovačević spricht in Zusammenhang mit den Universitätsbesetzungen in Kroatien vom richtigen Moment zur richtigen Zeit: Ein bis dahin „nicht identifizierter politischer Raum“ sei in Kroatien aufgetaucht und „erschütterte einen Monat lang die gesamte politische Szene des Landes“. Die gleichsam logische Konsequenz war ein andauernder Interpretationskrieg, der dennoch die Meriten dieser Tage – u.a. das Erscheinen eines neuen politischen Subjekts, das Finden von gemeinsamen Formen der Entscheidung – nicht vom Tisch wischen kann: Dies seien „Elemente, aus denen ein neuer Rahmen für die Politik aufgebaut werden kann“. Die „Grabenkämpfe“ in Kroatien kamen ohne vorzeigbare HeldInnen aus, und auch der an der Akademie der bildenden Künste in Wien basierten IRDEI (Initiative for the Re-Democratisation of Educational Institutions) ist es wichtig, dass „,Selbstorganisation‘ nicht wie ein schönes Etikett funktioniert, unter dem sich dann (…) eine Gruppe vermarktet.“ Studierende und Mittelbauangehörige, die sich bei IRDEI engagieren, gaben den Kulturrissen ein Interview und sprachen über das Spektrum ihrer Tätigkeiten und der assoziierter Gruppierungen, das von der Kritik an Hierarchien in einer Unterrichtssituation bis zu der „Frage, wie wir uns die gesellschaftliche Positionierung einer Bildungsinstitution vorstellen“, reicht. Die verschiedenen Formierungen seien „Versuche, offen zu bleiben, immer wieder neue Zugänge zu schaffen, frei zu experimentieren oder auch konkret zu protestieren.“
Im letzten Beitrag des Heftschwerpunkts beschreibt Andrea Benino schließlich anhand der Proteste gegen den so genannten G8 der Universitäten in Turin eine „perfekte Welle“ der Gegenbewegung. Der Schwerpunkt ist eine Kooperation mit dem European Institute for Progressive Cultural Policies (eipcp) im Rahmen von Creating Worlds.