Wiedergutmachung!
Petition an den Kärntner Landtag mit dem Apell, die Marginalisierung der zeitgenössischen Kulturarbeit zu beenden und die durch jahrelange Aushungerung entstandenen Lücken angemessen zu schließen!
PETITION an den Kärntner Landtag betreffend „Wiedergutmachung“
Kärnten/Koroška ist ein Land der Kultur. Diese Behauptung mag bei dem Einen oder der Anderen für Verwunderung oder gar Erheiterung sorgen, bedenkt man das eventisierte kulturpolitische Bild, das dieses Bundesland in den vergangenen Jahren abgegeben hat.
Ein offener Blick in die derzeitige Kärntner Kulturlandschaft genügt, um festzustellen, dass unabhängige Kulturinitiativen und Kultur schaffende EinzelkämpferInnen dieses Land beackern, umgraben, befruchten - in unterschiedlichen Kontexten, aus allen denkbaren Sparten, „alte Hasen“ und „junge Wilde“, in Ballungsräumen und Randgebieten – und dabei an sich und ihre Arbeit hohe qualitative Maßstäbe anlegen. Und es gibt sie, die KronzeugInnen, die vielen LiteratInnen, MusikerInnen, darstellenden KünstlerInnen, Theaterschaffenden etc., die Kärnten/Koroška „hervorgebracht“ hat, und sie beweisen, was an initiativer Kulturarbeit in Österreichs südlichstem Bundesland geschieht.
Dennoch: Kärnten/Koroška ist ein Land der Unkultur. Mehr als zehn Jahre Marginalisierung und damit einhergehende Aushungerung der zeitgenössischen Kulturarbeit haben in elementaren Bereichen große Lücken gerissen und zum Verschwinden ganzer Genres (z.B. Tanztheater, Pantomime, Kindertheater, zweisprachige Printmedien, etc.) geführt, sowie Neugründungen von Kulturvereinen und Kulturinitiativen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, erschwert und oftmals verunmöglicht. Diese Entwicklung ist u.a. ausführlich in der Analyse der jährlichen Kulturberichte des Landes, durchgeführt von der IG KIKK über einen Zeitraum von sieben Jahren (1999-2005), dokumentiert.
Die Grundlagen, um eine pulsierende zeitgenössische Kulturszene zu fördern, sind im Kärntner Kulturförderungsgesetz Abschnitt 1 gelegt. Laut Zielsetzungen ist vorgesehen, „das zeitgemäße kulturelle Schaffen zu fördern“ (§1 Abs.3c) und als Bereiche der Förderung werden „unkonventionelle Kulturäußerungen und avantgardistische Kulturarbeit“ (§2 Abs.1j) explizit genannt. Den an sich positiven Voraussetzungen steht die (bisherige) Praxis diametral gegenüber.
Die Auswirkungen der „A Gaude muass sein!“-Kulturpolitik des letzten Jahrzehnts dürfen als bekannt vorausgesetzt werden. Einer mehr als 1.000 prozentigen Erhöhung der Förderung von Volkskultur steht die sukzessive Ausdünnung der Förderung freier Kulturarbeit gegenüber.
Der Kulturbericht 2011 weist 140.016,- Euro an Zuwendungen für Kulturinitiativen und -zentren auf. Das macht bei einer Gesamtsumme von 27.328.002,57 Euro gerade etwas mehr als 0,5 Prozent des Kulturbudgets aus. Auch wenn diese Zahl aufgrund der Intransparenz des Kärntner Kulturberichtes mit Vorsicht zu genießen ist, empfiehlt sich ein Vergleich mit dem Kulturbericht des (vergleichbaren) Landes Tirol: Dort belief sich 2011 der Anteil an Gesamtausgaben des Kulturbudgets für Kulturinitiativen und -zentren auf 1.242.254,- Euro, oder 1,29 Prozent (Was laut TKI, der Interessensvertretung freier Kulturinitiativen in Tirol, als historischer Tiefstand angesehen werden muss!).
„Kärnten/Koroška muss den Gürtel enger schnallen“, werden die politischen Verantwortlichen nicht müde zu betonen. Dem soll, angesichts der hassardierenden Willfährigkeitspolitik vergangener Jahre, nicht widersprochen werden. Es ist dezidiert im Interesse der freien Kärntner Kulturszene, dass sich das Land konsolidiert.
Jawohl, es soll gespart werden, und ja, es muss investiert werden, dort wo es Sinn macht und wo aufgrund bisheriger politischer Entscheidungen Dürre herrscht. Beides trifft auf freie Kulturarbeit in Kärnten/Koroška zu!
Die mehrmalige Ankündigung des zuständigen Landeskulturreferenten Dr. Waldner, dass eine substanzielle Umschichtung innerhalb des Kulturbudgets dringend vonnöten sei, hat viele freie KulturarbeiterInnen aufatmen lassen. Die nun verlautbarte Kürzung von 4 % des Landeskulturbudgets für das laufende Jahr lässt wiederum nichts Gutes ahnen und gemahnt an Zeiten, die man mit dem 3. März 2013 für endgültig vergangen erhofft hatte.
Die Unterzeichnenden fordern daher: Wiedergutmachung!
Alles andere als eine spürbare Erhöhung der Ausgaben für freie Kulturarbeit wäre ein Armutszeugnis zeitgemäßer Kulturpolitik und ein Affront gegenüber Kulturschaffenden, die, existenzbedrohenden Rahmenbedingungen trotzend, einen langen Atem bewiesen haben. Es geht dabei nicht um astronomische finanzielle Forderungen, es geht primär um das Erreichen eines Normalzustandes – es geht um Wiedergutmachung!
Kulturarbeit hat nachweisbar positve Efekte, gerade fur landliche Gebiete. Es sind Kulturschaffende, die jenen kreativen Boden bereiten, der sich als besonders fruchtbar für Innovationen und Visionen erweist. Kulturarbeit bedeutet Vermittlung von Unbekanntem und Auseinandersetzung mit Ungeahntem. Kulturarbeit ermöglicht die Erlangung von Kompetenzen, Kulturarbeit ist permanente Weiterentwicklung und Fortbildung.
Und: Kulturarbeit ist Arbeit, und muss dementsprechend (auch und gerade finanziell) honoriert werden!
(Des weiteren wäre eine Novellierung des derzeitigen Künstlersozialversicherungsgesetzes dringend erforderlich. KünstlerInnen klagen über unverhältnismäßige Bürokratie, Doppelgleisigkeiten und teils horrende finanzielle Rückforderungen der Sozialversicherungsträger, die schlicht nicht zu erfüllen sind. Da dies aber zum einen eine völlig andere Materie, zum anderen in der Kompetenz des Bundes liegt, möchte sich diese Forderung als Randnotiz verstanden wissen. Es wäre jedenfalls wünschenswert, würde sich das Land Kärnten/Koroška entschließen, dem Bund eine Überarbeitung des Künstlersozialversicherungsgesetzes unter Einbeziehung der Betroffenen nahe zu legen.)