Gesteigerte Frauenrechtsverletzung - Wenn Weltfrauentag und Funkensamstag zusammenfallen
2025 fällt der Weltfrauentag am 8. März auf den Funkensamstag. Nach wie vor werden in Vorarlberg Frauenfiguren auf Scheiterhaufen verbrannt. In den letzten Jahren entstand eine öffentliche Diskussion zu dem Thema, dennoch haben 2024 lediglich 5 % der Vorarlberger Funken darauf verzichtet. Wir unterstützen die Forderung des Frauenmuseums Hittisau, diese menschenverachtende und frauenfeindliche Praxis zu transformieren und lassen unsere Mitgliedsinitiativen zu Wort kommen.
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Wir fordern!
Zahlreiche Kulturinitiativen feiern den Weltfrauentag am 8. März mit einem thematisch passenden Programm und engagieren sich über Kunst und Kultur hinsichtlich Wahrnehmung und Wertschätzung von Frauen in unserer Gesellschaft. Es ist schockierend, dass genau an diesem Tag der mittlerweile stark kritisierte Brauch des Verbrennens einer Frauenfigur vollzogen werden soll. Mehr denn je braucht es darüber Information, Dialog und die Kraft der Veränderung. Wir baten daher um Stimmen von Kulturvereinen, die sich der Forderung des Frauenmuseums Hittisau anschließen. Betonen möchten wir, dass nicht der Funken als Brauchtum in Frage gestellt werden soll. Wir fordern vielmehr, dieses frauenverachtende Vorgehen zu reflektieren und es zeitgemäß, wertschätzend und würdigend zu verändern.
Brauchtum und Tradition sind sehr wichtig. Aber genauso wichtig ist es, sie bei einem konkreten Anlass auch kritisch zu hinterfragen. Dass beim Funkensamstag Frauenfiguren auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden (und das heuer ausgerechnet am Weltfrauentag), halten wir für eine kaum erträgliche Symbolik. Niemand fordert die Abschaffung der Tradition des Funkensamstag, aber eine Veränderung scheint uns dringend angeraten.
Landesverband Vorarlberg für Amateurtheater, Dornbirn
Der Funken ist eine tief verwurzelte Vorarlberger Tradition. Dass mit diesem Brauch der Winter und die Kälte vertrieben werden, macht ihn für viele zum feierlichen Auftakt der wärmeren Jahreszeit. Doch warum muss an der Spitze des Funkens eine weibliche Figur brennen und explodieren? Diese Frage bleibt oft unbeantwortet – vermutlich, weil die meisten Besucher:innen den Ursprung dieser Praxis gar nicht kennen.
'War schon immer so' ist kein stichhaltiges Argument, um überholte Rituale aufrechtzuerhalten. Traditionen müssen im 21. Jahrhundert reflektiert und weiterentwickelt werden. Besonders unpassend erscheint es, am 8. März – dem Weltfrauentag, der heuer gleichzeitig auf den Funkensamstag fällt – ausgerechnet Hexen in Flammen aufgehen zu lassen. Es ist Zeit für ein Umdenken!
Jessica Ölz, Kommunikation Kulturwerkstatt Kammgarn Hard
Es ist unerträglich, dass mit der Funkenhexe eine Symbolik aus der unfassbar grausamen Zeit der Frauenverbrennungen bis heute als 'erhaltenswertes Brauchtum' propagiert wird. Bitte lasst uns das ändern und die Funkentradition in einer dementsprechend modifizierten Form feiern!
Sabine Benzer, Theater am Saumarkt, Feldkirch
Die zentrale Aufgabe von kulturellem Brauchtum ist es, gesellschaftliche Identität zu stiften und die Gemeinschaft zu stärken. Umso mehr befremdet es, dass in Vorarlberg hartnäckig an einer «Tradition» festgehalten wird, die historisch nicht belegbar ist und seit Jahren die Gesellschaft spaltet, weil sich viele Menschen abgestoßen fühlen. Eine symbolische Frauenverbrennung alljährlich zu inszenieren ist in einer Zeit, in der nach vor weltweit Frauen verfolgt und getötet werden, nur weil sie Frauen sind, nicht mehr tragbar. Das terminliche Zusammentreffen von Funkenwochenende und Internationalem Frauentag in diesem Jahr am 8. März macht diese Diskrepanz umso deutlicher. Deshalb wünsche ich mir von den Verantwortlichen Einsicht und Bereitschaft, die Praxis zu überarbeiten, damit der Funkenbrauch zu einer echten Feier von jahreszeitlichem Neubeginn und Gemeinschaft werden kann.
Brigitta Soraperra, Wexelstube - Kunst- und Kulturraum für Begeisterung, Feldkirch
Es ist schön, dass es die Tradition gibt den Frühling zu begrüßen! Doch es kommt auf die Form an, hier braucht es in Vorarlberg betreffend des Funkenabbrennens dringend eine Verändung! Weltfrauentag und Funkenabbrennen mit Frauenfiguren passen wirklich nicht zusammen.
Hildegard Schlatter, ARTENNE NENZING
Hintergrund:
In jeder Gemeinde Vorarlbergs findet am Sonntag nach Aschermittwoch ein eigener Funken zum Ausklang der Alten Fasnacht statt. Bereits am Faschingsdienstag wird die Funkentanne geschlagen, die bis zu 30 Meter hoch sein kann. Am Samstag vor dem Funkensonntag wird mit dem Aufbau des Funkens selbst begonnen, wobei alle Materialien, die in den vergangenen Wochen gesammelt wurden, zu einem turmartigen Gebilde aufgeschlichtet werden. Der Funken wird traditionell bei Einbruch der Dunkelheit entzündet.
Der Funkensonntag ist der erste Fastensonntag und steht somit am Beginn der Fastenzeit bzw. am Ende der Fasnacht. Die Praxis des Funkensonntags ist in ganz Vorarlberg verbreitet. In der größten Stadtgemeinde Vorarlbergs, in Dornbirn, gibt es sogar eine Vielzahl an Funken, die von verschiedenen Funkenzünften veranstaltet werden. In Gemeinden, in denen keine Funkenzünfte existieren, werden die notwendigen Aufgaben von der Ortsfeuerwehr oder von lokalen Fasnachtszünften übernommen. Kinder und Jugendliche werden in die Tradition des Funkensonntags durch eigens für sie veranstaltete Kinderfunken eingebunden, die dann meistens schon am Nachmittag abgebrannt werden. Mit 17 Jahren können die Jugendlichen dann in die regulären Funkenzünfte eintreten und erlernen dort die für die Ausübung benötigten Techniken.
Man geht davon aus, dass es sich um ein Relikt eines heidnischen Frühjahrskultes handelt, obwohl sich seine Funktion im Laufe der Geschichte stark veränderte. So diente der Funken später vor allem der Verbrennung von Unrat, der durch die Frühjahrsreinigung von Haus und Wiese anfiel. Noch heute werden am Funkensonntag alte Christbäume verbrannt. Das traditionelle Verbrennen einer Strohpuppe bezieht sich auf das Ende der Fasnacht. In Reaktion auf kritische Stimmen gegenüber der Verbrennung von Frauenfiguren, gehen vereinzelt Funkenzünfte dazu über geschlechtslose Stoffpuppen, die keine Ähnlichkeit mit einer Frauengestalt mehr haben, zu verbrennen.
Quelle: Unesco / Immaterielles Kulturerbe