Kulturkonferenz
In Reaktion auf den offenen Protestbrief der Kunst- und Kulturszene, den mehr als 1.500 Kunst- und Kulturschaffende sowie 350 Kultureinrichtungen unterzeichneten, fand am Dienstag, 22.03.2021 auf Einladung von Staatssekretärin Andrea Mayer eine Videokonferenz mit 50 Vertretungen aus der Kunst und Kultur statt, an der auch die IG KiKK teilnahm.
Die Situation rund um die ersten Öffnungsschritte für Kunst und Kultur stellte sich dabei noch dramatischer heraus als ohnehin gedacht. Während es für die meisten Vertretungen aus der Kunst und Kultur noch um erste Öffnungsschritte im April ging, lautete der Ansatz der Staatssekretärin zur Öffnungsperspektive für Kunst und Kultur: „Ich habe den Mai noch nicht aufgegeben“.Zeitpunkt und Details für den Neustart seien zwar in Vorbereitung, wie stets aber abhängig vom Infektionsgeschehen. Fix sei, dass ab den ersten Öffnungsschritten ein und nicht zwei Meter Mindestabstand bei Veranstaltungen gelten sollen und Personenobergrenzen über 100 angestrebt werden, um einen wirtschaftlich vertretbare Öffnung zu erlauben. Im nächsten Schritt sollen im Rahmen eines Stufenplans rasch höhere Publikumszahlen möglich werden. Maskenpflicht und Zutrittstests würden jedoch noch länger das Kulturleben begleiten. Ob eine Lockerung der Sperrstunde für Veranstaltungen möglich sei, werde geprüft. Ebenso soll eine baldige Ermöglichung von Kulturveranstaltungen im Freien geprüft werden und die Umsetzung von wissenschaftlich begleiteten Pilotprojekten.
„Mit einem einzigen Gespräch kann der gesamte Gesprächsmangel der letzten Monate natürlich nicht ausgeglichen werden“, so die Bilanz des Mitorganisators der Initiative, Gerhard Ruiss, „und schon gar nicht der Mangel an medizinischer und juristischer Unterstützung in unserem Bereich. Es hat sich außerdem gezeigt, dass es, wie vermutet relativ wenig bis gar kein Wissen im Gesundheitsressort über uns gibt. Man muss uns jedenfalls nicht noch einmal erklären, was wir jeden Tag in allen Nachrichten sehen und hören kommen. Was wir brauchen sind spezifische, differenzierte Lösungen. Wenn die Staatssekretärin vom Mai redet, redet sie von den 4 bis 6 Vorlaufwochen der Theater, man kann aber auch viel schneller nach einer Öffnung wieder präsent sein, wie das Beispiel Vorarlberg gerade vorexerziert. Wir können es uns nicht leisten, auch nur eine Woche aufzugeben. Wir geben auch den April noch nicht auf."
„Niemand hat erwartet, dass nun schlagartig alles in Kunst und Kultur wieder möglich wird“, so Yvonne Gimpel, Geschäftsführerin der IG Kultur Österreich nach dem Gespräch. „Entscheidend ist aber, dass bald Fakten geschaffen werden, welche Bedingungen gelten, sobald es die Lage zulässt. Dafür braucht es zum Einen flexible, differenzierte Ansätze, die etwa Kultur im Freien oder Angebot für Schulkinder ermöglichen. Zum Anderen braucht es einen Fahrplan für die nächsten Monate, sonst ist der Sommer für Kunst und Kultur weitgehend verloren. Es ist gut, dass dazu nun ein kontinuierlicher Dialog stattfinden soll. Aber die Uhr tickt. Bei all der Kreativität und Spontanität im Sektor – Entscheidungen für Sommerfestivals und -programme müssen jetzt getroffen werden. Wenn es einen Stufenplan im Kulturministerium gibt, muss dieser baldigst diskutiert und kommuniziert werden.“
Eine Fortsetzung des Gesprächs nach Ostern wurde vereinbart. Zur Sicherung der Gesprächsinhalte und der Weiterarbeit an einer Öffnungsstrategie wurde dem Staatssekretariat für Kunst und Kultur das nachstehende Positionspapier unserer Initiative überreicht:
Kultur braucht Perspektive, Kultur braucht Planung
Positionspapier, Mindestanforderungen
- Festlegung eines Stufenplans für einen verantwortungsvollen, geplanten Neustart (Benennung maßgeblicher Voraussetzungen; verhältnismäßige, transparente und nachvollziehbare Gestaltung).
- Klar von vornherein ab dem ersten Öffnungsschritt definierte Auflagen (Personengrenzen, Ausstattungsnotwendigkeiten udgl.).
- Differenzierung nach Veranstaltungsorten und Veranstaltungsarten, insbesondere schnelle Ermöglichung von Kultur im Freien.
- Hinzuziehung von Expert/inn/en aus dem Kunst- und Kultursektor bei der Erarbeitung und Festlegung von Maßnahmen.
- Beibehaltung des 1-Meter-Mindestabstands seitlich bei fixen Plätzen in Veranstaltungsräumen, analog zu den früheren Regelungen.
- Anerkennung von Selbsttests beim Zugang zu Veranstaltungen und Testmöglichkeiten an Ort und Stelle.
- Zulassung von Gastronomie in Veranstaltungsbetrieben, die gastronomische Betreuung in ihrem Konzept haben.
- Aufhebung von Sperrstunden, Zulassung von Veranstaltungen bis zumindest 22 Uhr.
- Erlaubnis von Proben und Produktionen, an denen professionelle Kunstschaffende und Amateur*innen mitwirken.
- Ermöglichung von Kulturvermittlung und pädagogischer Kulturarbeit, insbesondere von Schulveranstaltungen und schulbezogener Veranstaltungen mit schulfremden Personen.
- Keine Diskriminierung von Schulveranstaltungen und schulbezogenen Veranstaltungen bei COVID-19 Unterstützungsmaßnahmen.
- Kompensation von Mehraufwendungen, insbesondere für Testungen, die unabhängig vom Einnahmenausfall anfallen.
- Frühzeitige Veröffentlichung neuer Rechtsgrundlagen, um Vorlaufzeiten für die Umsetzung zu ermöglichen.
- Etablierung eines monatlichen, institutionalisierten Austauschforums Politik – Kultur.
- Bildung einer zentralen Anlaufstelle für verbindliche Rechtsauslegung.
- Einbindung in die Impf- und Impfpass-Strategie, wenn es zu weiteren über die bisherigen Schritte hinausgehenden Schritten kommt.
- Einberufung eines Kulturgipfels mit der Regierungsspitze, an dem neben den für Kunst und Kultur zuständigen Ressorts auch die weiteren relevanten Fachminister/innen teilnehmen.
Gerhard Ruiss, IG Autorinnen Autoren
Yvonne Gimpel, IG Kultur Österreich
Weiterführende Links:
Zum Protestbrief: Kultur braucht Perspektive, Kultur braucht Planung
Foto: Carina KARLOVITS/HBF/BMKÖS