Miteinander etwas anbieten
Ein Gespräch zum neuen Kulturinfoservice der IG Kultur Wien.
Im September stellte die IG Kultur Wien (IGKW) gemeinsam mit den Kultursprechern der Wiener Koalitionsregierung das Kulturinfoservice (kis) vor. Der in den Räumen der IG Kultur Wien angesiedelte Service soll KünstlerInnen und Kulturschaffenden ab sofort niederschwellige Beratung in puncto Kulturveranstaltungen, Vereinsgründung und Förderungen bieten. Zum Thema Kultur veranstalten in Wien ist bereits eine Broschüre erschienen, weitere sollen folgen. Die Kulturrisse sprachen zum Auftakt mit IGKW-Vorstandsmitglied und Projektleiter Günther Friesinger und kis-Mitarbeiter Gerhard Kettler über Kulturpolitik und Beratung, über Kooperationen mit anderen IGs und die Frage, wie man nicht zum süßen Wahlzuckerl wird.
Kulturrisse: Was unterscheidet aus Eurer Sicht das kis von der bisherigen Beratungsleistung, die von den IGs geboten werden kann?
Günther Friesinger: Ich denke, dass Kulturarbeit auch Arbeit ist, die bezahlt werden sollte, und wir haben diese Forderung jahrelang deponiert. Das wurde nicht wirklich erhört, insofern waren wir sehr froh, als es dann auf einmal die rot-grüne Koalition in Wien gab und das Bewusstsein dafür. Und wir sind relativ bald vorstellig geworden mit dem Konzept des kis, also damit, die Serviceleistungen, die wir bis dato schon angeboten hatten, professionalisiert anzubieten. Das ist die maßgebliche Unterscheidung zu dem, was davor passiert ist, dass wir jetzt jemanden haben, der dafür bezahlt wird, der da ist, 20 Stunden in der Woche.
Wie lange ist denn das kis gesichert?
Günther Friesinger: Es gibt eine Übereinkunft, dass es die nächsten zwei Jahre durchfinanziert ist. Wir haben ein jährliches Budget von 40.000 Euro für die Beratungsleistungen. Und ich hoffe, dass die Stadt erkennt, dass dieses Service auch gebraucht wird. Wir hatten in den Verhandlungen auf dem Weg zum kis ja auch viel Gegenwind, es hat geheißen: Das sind ja Dinge, die die MA7 eh schon anbietet, und man könnte dem doch einen neuen Namen geben. Aber vieles wird über die Beratung der MA7 nicht abgedeckt. Ob das jetzt Vereinsgründung ist, die Frage: Wie veranstalte ich? Wie finanziere ich mich über die MA7 hinaus? Wie stelle ich im Verein Kulturprojekte auf die Beine?
Wo sieht Ihr Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit anderen IGs? Wie etwa IG Kultur Österreich, IG Freie Theaterarbeit, IG Bildende Kunst?
Günther Friesinger: Das ist im Aufbau. Gerhard hat auch konkret den Auftrag, sich zu vernetzen mit den anderen IGs. Als nächste Broschüre soll etwa im Jänner oder spätestens Februar 2014 eine Broschüre zu „Wie gründe ich einen Verein?“ herauskommen und das wird eine konkrete Zusammenarbeit mit der IG Kultur Österreich sein. Und ich denke auch, dass wir in weiterer Folge, wenn wir diesen Service ausbauen, auch immer wieder versuchen, die anderen IGs einzubinden. Aber es sind nicht nur IGs, sondern auch Netzwerke wie das mica zu nennen, die spannend sind. Es hat da keinen Sinn, Einzelkämpfertum zu betreiben.
Gerhard Kettler: Es sind ja auch bei den Beratungen, die derzeit angeboten werden, Schwerpunkte zu beobachten, z.B. werden arbeitsrechtliche und Sozialversicherungs-Fragen sehr gut von der IG Bildende Kunst und der IG Freie Theaterarbeit abgedeckt. Und bei uns ist halt die Schwerpunktsetzung erst einmal primär auf Kultur veranstalten in Wien. Das ist jetzt quasi ein Alleinstellungsmerkmal, also Wiener Veranstaltungsrecht und alles, was damit zusammenhängt. Dann wird eine Schwerpunktsetzung auf Vereinsgründung und -betrieb folgen, da gibt es dann sehr wohl Überschneidungen mit der IG Kultur Österreich. Ich sehe da jetzt keine Konkurrenzsituation, sondern ein miteinander etwas Anbieten und ein aufeinander Verweisen. Wenn jemand jetzt mit Fragen kommt, die wir nicht im Speziellen beantworten können, dann verweisen wir auf andere Beratungen weiter. Was ja auch schon einmal hilfreich ist. Weil meistens ist der Punkt ja der: Wo kann ich mich überhaupt hinwenden …
Eine Frage in Hinblick darauf, dass das kis sich bald eingehender dem Thema Förderungen widmet, wo es ja auch kulturpolitisch heiße Eisen gibt. Inwieweit macht man einfach nur Kulturberatung oder inwieweit kann man sich in Kulturpolitik einmischen? Ich denke da etwa an Fairpay, eine Kampagne, die ja auch von der IG Kultur Wien mit getragen wird?
Günther Friesinger: In Beratungssituationen wird Gerhard natürlich hinweisen auf bestimmte Dinge. Kulturpolitisch aktiv tätig ist dann aber die IG Kultur Wien und der Vorstand. Das heißt, die IG stellt die Forderungen auf, die es braucht, um die Stadt weiterzuentwickeln. Ein aktuelles Beispiel: Wien ist ja eines der wenigen Bundesländer, in denen die Abrechnungsbestimmungen verschärft und nicht vereinfacht werden. Das gilt auch für die Bezirksebene. Da gibt es einen ziemlichen Bürokratieaufbau, ein Thema, wo wir gerade tätig sind, genauso wie in der Forderung nach einer politisch unabhängigen Stelle für Leerstandsmanagement. Das sind Dinge, die wir als IG aktiv kulturpolitisch bearbeiten. Das kis ist aus unserer Sicht eine Stelle, die berät.
Gerhard Kettler: Wofür die Beratungen schon hilfreich sind, ist, um festzustellen, wo treten Schwierigkeiten, Probleme oder Unklarheiten auf. Und daraus sind dann halt die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. In der Beratungssituation kann ich Probleme erkennen und dann auch weitergeben.
Auf der Pressekonferenz waren die Kultursprecher der Wiener Grünen bzw. der SPÖ, Klaus Werner-Lobo und Ernst Woller, da. Es blitzten auch parteikulturpolitische Tendenzen durch: Bei Lobo fiel der Begriff des One Stop Shop, anscheinend ein Lösungstool der Grünen. Und bei Ernst Woller war etwa jedes dritte Wort Ehrenamt. In wieweit seid Ihr von kulturpolitischen Begehrlichkeiten oder Themen der Wiener Koalition unabhängig?
Günther Friesinger: Wir als IG sind politisch völlig unabhängig. Natürlich war klar, dass, wenn wir so ein Service gründen, es Begehrlichkeiten gibt der Parteien, was sie denn nicht alles gerne hätten – darum sind auch beide Koalitionsparteien hier gesessen und haben es mit uns präsentiert. Aber wir haben uns das angehört, und es ist unsere eigene Entscheidung, zu sagen: Was greifen wir auf, wo denken wir: Das macht Sinn für Beratungen. One Stop Shops – davon halte ich wenig, genauso wenig wie vom reinen Ehrenamt. Ich denke, wie gesagt, Kulturarbeit sollte bezahlt werden, und insofern war es auch notwendig, dass so eine Stelle auch wirklich bezahlt wird. Ich hoffe, dass die Stundenanzahl früher oder später erhöht werden kann, weil es für die Szene eine wirklich wichtige Anlaufstelle ist.
Gerhard Kettler: Bezüglich Ausweitung: Ich stelle mir vor, dass, wenn das Geld da ist, auch durch Kontakte zu RechtsanwältInnen, SteuerberaterInnen die Beratungsmöglichkeiten ausgebaut werden können. Kooperationen mit entsprechenden Fachleuten, die etwa auch notwendig sind für die Lösung schwieriger Probleme, etwa in rechtlicher Sicht – das wäre für mich ein sehr wichtiger Ausbauschritt.
Abschließend zur Infobroschüre: Wie ist sie erhältlich?
Günther Friesinger: Das Heft ist nicht nur als Objekt da. Alle, die Interesse haben, sollten möglichst niederschwellig auf das Heft zugreifen können, über die Website, das e-Book oder den pdf-Download. Die Broschüre wurde öffentlich finanziert und soll auch allen gehören.
Hattet Ihr eigentlich auch überlegt, das Heft mehrsprachig zu realisieren?
Günther Friesinger: Wir haben das am Anfang überlegt. Es ist eben eine Frage der Ressourcen, und wir haben relativ wenig Ressourcen. Wir haben nur ein Drittel von dem bekommen, was wir eigentlich wollten. Aber es wäre sicherlich auch reizvoll gewesen, das in den fünf, sechs, sieben Sprachen anzubieten, die hauptsächlich in Wien gesprochen werden.
Informationen und Kontakt:
Patricia Köstring ist Redaktionsmitglied der Kulturrisse und lebt in Wien.