Neues aus der Kleingartensiedlung: Geschenk- und Tauschkultur
<p>Jetzt rührt der Kleingärtner/die Kleingärtnerin wieder von früh bis spät seine/ihre Hände. Wir befinden uns mitten in der Hauptsaat- und Pflanzzeit. Auf den Fensterbänken der Gartenhütten werden Auberginen, Gurken, Kürbisse, Sonnenblumen, Tomaten und Melonen gezogen. Sobald die Pflänzlein kräftig genug sind, werden sie an jenen Plätzen im Kleingarten gepflanzt, die ihrem Wachstum am förderlichsten sind. Die Natur der Sache bringt es aber mit sich, dass man
Jetzt rührt der Kleingärtner/die Kleingärtnerin wieder von früh bis spät seine/ihre Hände. Wir befinden uns mitten in der Hauptsaat- und Pflanzzeit. Auf den Fensterbänken der Gartenhütten werden Auberginen, Gurken, Kürbisse, Sonnenblumen, Tomaten und Melonen gezogen. Sobald die Pflänzlein kräftig genug sind, werden sie an jenen Plätzen im Kleingarten gepflanzt, die ihrem Wachstum am förderlichsten sind. Die Natur der Sache bringt es aber mit sich, dass man stets viel mehr Setzlinge hat, als man im eignen Garten anpflanzen kann.
Daraus hat sich in unserer Kleingartensiedlung ein reges Schenken und Tauschen entwickelt. Saatkartoffeln, Ableger und Jungpflanzen werden fröhlich über Gartenzäune hin und her gereicht, und kaum ein Kurzbesuch bei einem/r KleingärtnerIn, von dem man ohne schnell in eine Zeitung eingeschlagene Setzlinge zurückkehrt.
Dieses Hin und Her funktioniert natürlich ohne genaue Abrechnung. Es gibt hier keinen Marktwert für Tomaten- oder Zucchinipflanzen, keine Tauschverhältnisse, bei denen jede/r darauf achten muss, nicht übervorteilt zu werden. Vielmehr ist man froh, wenn in anderen Gärten die eigenen Setzlinge gedeihen und man sich zusätzlich am Wachsen der Ableger erfreuen kann, die man selbst geschenkt bekommen hat.
All jene, die vom Kleingärtnern keine Ahnung haben, können sich dieses rege Tauschen und Schenken wie die Creative Commons-Plattformen im Internet vorstellen. Da gibt es auch dieses fröhliche Hin und Her und die Überzeugung, dass Kreativität nicht weniger wird, wenn man sie teilt. Vielmehr entdeckt man die Freude daran, dass eigene Hervorbringungen von anderen aufgegriffen und weiterentwickelt werden.
Deshalb finde ich es ja auch so interessant, dass die Diskussion um Urheberrechte und eine Beschränkung dieses kreativen Austausches durch ACTA gerade jetzt, mitten in der Saat- und Pflanzzeit, losbricht. Als wäre die Welt voller KleingärtnerInnen. Auf der einen Seite jene, denen es ganz selbstverständlich ist, Eigenes mit anderen zu teilen, und auf der anderen Seite mürrische alte Grantscherben, die nichts vom Eigenen auslassen wollen und es auch den anderen nicht vergönnen.
Bei uns hat es vor einigen Jahren auch so einen Griesgram gegeben. Der hat lieber die überzähligen Pflänzlein zertreten und auf den Kompost geworfen, als sie einer/m von uns zu geben. Der Kerl ist dann aber nach Wien gezogen und macht dort irgendetwas mit Literatur. Aber von solchen Gestalten soll man sich die Freude am gedeihlichen Miteinander und Füreinander nicht nehmen lassen – sag’ ich immer.