ASSET-Studie liefert Erkenntnisse zum Publikumsverhalten
IG Kultur und Europäische Theaternacht beteiligten sich am europäischen Audience Development Projekt „ASSET“. Ziel ist die Entwicklung neuer Strategien und Tools für Theater- und Kultureinrichtungen, um ihr Publikum besser zu verstehen und auch neue Publikumsschichten ansprechen zu können. Die Präsentation der Ergebnisse im Vorarlberger Landestheater am 27. September fand Anklang bei Kulturakteur*innen. Ingrid Bertel vom ORF Vorarlberg fasste den Abend für die Kultursendung auf Radio Vorarlberg zusammen.
Zusammenfassung des Präsentationsabends zur ASSET-Studie von Dr. Gerald Gröchenig im Vorarlberger Landestheater
27. September 2021
„Kulturarbeit für wen?“ Unter dieser Fragestellung fanden sich am Montagabend rund 30 Akteur*innen aus Theatern, Kulturinitiativen, Kunst, Forschung, Vermittlung, Verwaltung und Politik im T-Café ein und folgten der Einladung von IG Kultur Österreich, IG Kultur Vorarlberg und Europäische Theaternacht in Kooperation mit dem Vorarlberger Landestheater. Das Ziel des Abends war, mehr über das von der Europäischen Union unterstützte Forschungsprojekt „ASSET“ zu erfahren, das sich in den letzten drei Jahren mit einer Studie zum Publikumsverhalten in zwanzig europäischen Theatern beschäftigte. Dr. Gerald Gröchenig, österreichischer Bereichsleiter von ASSET, stellte die Ergebnisse der von der renommierten Londoner Audience Agency geleiteten Studie vor.
In Österreich nahmen mit den Theatern brut , Dschungel Wien, WERK X-Petersplatz und Schuberttheater vier Einrichtungen teil. Pro Stadt wurden vier Häuser ausgewählt, um Vergleiche innerhalb der Stadt genauso herstellen zu können wie zwischen den Ländern. „In Österreich wurde weiters darauf geachtet, dass die Einrichtungen eng mit der freien Szene zusammenarbeiten, da diesem kulturellem Sektor normal eher selten der Zugang zu derartigen Studien offensteht,“, informierte Gerald Gröchenig im Vortrag.
Jedes Theater übergab im Anschluss an die Vorstellungen seinem Publikum einen vierseitigen Fragebogen, der u. a. die Häufigkeit und die Gründe der Besuche in einer Einrichtung erhob. Dabei stellte sich z. B. heraus, dass in den befragten Theatern das österreichische Publikum vor allem auf Inhalte Wert legt und im Gegensatz dazu der Kartenpreis keine große Rolle spielt. Bei solchen positiven Einschätzungen des Preis-Leistungsverhältnissen tut man sich als Theater natürlich leichter, Kartenpreise zur Minimierung gerade nach Corona auftretender Defizite zu erhöhen.
„Wir wollten die Präsentation der Studie, die aktuell von unserem Dachverband in den Bundesländern vorgestellt wird, unbedingt auch hier haben und zu eigenen Erhebungen in Kultureinrichtungen motivieren. Wer sein Publikum und die Segmente kennt und sich für die Bedürfnisse von Besucher*innen interessiert, kann entsprechend agieren und nachhaltige Kulturarbeit betreiben“, fasst Mirjam Steinbock, Geschäftsführerin der IG Kultur Vorarlberg zusammen.
Mit der von der Audience Agency angewandten Methode wurde das Publikum anhand von Erwartungshaltungen, Erfahrungen, Charakteristika und kulturellen Vorlieben in homogene Untergruppen unterteilt. Es kristallisierten sich neun Segmenttypen heraus, die von den Classicists, den Fans des Klassischen und Etablierten, über Mainstreamers, die sich allgemein in den kulturellen Hauptströmungen bewegen, zu den Explorers, die Neues suchen und sich dabei auch gern einmal was „auf gut Glück“ anschauen, bis hin zu den Cultural Grazers, den sehr offenen Besucher*innen ohne Präferenz, die auf der „kulturellen Weide grasen“, reichen.
Jedes der teilnehmenden Theater spricht mehrere diese Segmente in verschiedenen Größenverhältnissen an und das Wissen darüber ermöglicht, dies in einer zielgerichteten Kommunikation einzusetzen. Ein Beispiel: Wenn die Analyse der Befragung ergibt, dass ein Großteil des Publikums einer Einrichtung dem Segment Talent Spotters zuzuordnen ist, die ihre Motivation zum Kulturbesuch zum Großteil aus Mundpropaganda beziehen und kaum die Homepages der Einrichtungen nutzen, kann dies eine wichtige Hilfe bei der Auswahl der Kommunikationsmittel mit diesen Besucher*innen sein.
Ausführliche Details zur ASSET-Studie finden sich auf der Website der IG Kultur Österreich unter diesem Link. Der Fragebogen für die Untersuchung steht kostenfrei zur Verfügung, ist hier abrufbar und kann als Grundlage für eigene Untersuchungen verwendet werden.
Es besteht auch die Möglichkeit, eine eigene Befragung mit Hilfe der „Audience Agency“ auswerten zu lassen. Die Betreuung beinhaltet die Auswertung der Ergebnisse, die Segmentierung sowie Beratungsgespräche mit den Expert*innen in London. Anfragen bitte an @email
Der Abschlussbericht der ASSET-Studie wird ca. bis Mitte Oktober veröffentlicht.
Foto v.l.n.r:
Stephanie Gräve, Intendantin Vorarlberger Landestheater, Dr. Gerald Gröchenig, Bereichsleiter der ASSET-Studie und Mirjam Steinbock, Geschäftsführerin IG Kultur Vorarlberg
©Niklas Koch