Culture is a Weapon
Hübsch, in den schnittig-folkloristischen Fetzen des Kulturalismus gekleidet, zischt es zwischen artig hochsprachig artikulierten Vokabeln, faucht in die dialektal kolorierten Sprüche, raschelt es in unterschiedlichen Akzenten: Racism in the town. Racism in the state. And not only there.
Er ist wieder voll da. Immer öfter. Macht sich breit. Geht tief. Wird zugelassen. Ist überall. Wird nicht bekämpft. Hat sich eingeschlichen. Ist weit in der Mitte angekommen. Wird verharmlost.
Hübsch, in den schnittig-folkloristischen Fetzen des Kulturalismus gekleidet, zischt es zwischen artig hochsprachig artikulierten Vokabeln, faucht in die dialektal kolorierten Sprüche, raschelt es in unterschiedlichen Akzenten: Racism in the town. Racism in the state. And not only there.
Drei Monate nach den Wahlen, aus denen ein klarer Sieger – das rechte Gedankengut – hervorging, konkurrieren die Parlamentsparteien, wer und auf welche Weise dieses implementieren soll. Und sie bemühen sich ausgesprochen kreativ, sich anschlussfähig zu machen. Für wen? Anscheinend für den ominösen WählerInnenwillen – jenes Substrat des vox populi, der hartnäckig als „Volk“ ausgelegt wird – auch wenn der vox Dei mittlerweile allgemein – ausgenommen die kleinen christlichen Newcomer, die eine spezielle Hotline erhalten zu haben glauben – nicht mehr direkt bemüht wird.
Wird der rassistische Konsens die beständige Matrix, auf der der gesellschaftliche Konsens zu verhandeln ist?
Täglich wird er weiter gegeben und weiter verankert: Durch den nicht verhinderten Einfluss der Rechten im Parlament – für den dritten Nationalratspräsidenten stimmten so viele Abgeordnete, dass er die Stimmen der ihn vorschlagenden Partei nicht benötigte. Mit der emsig vorangetrieben Produktion von Euphemismen in den Medien. Auf der Straße, in den verschiedensten Organisationen und Zusammenhängen ... Rassismus hat längst Wurzeln geschlagen. Jetzt, wenn er seine diversen Früchte trägt, scheint die einzige aktuelle Aufgabe zu sein, diese zu managen.
Unverblümt blüht uns Großzügigkeit entgegen – Patenschaften statt Rechtsstaatlichkeit hieß es neulich: Machen Sie was aus sich, schauen Sie sich um, suchen Sie sich ihre/-n reiche/-n, gnädige/-n MäzenIn, die/der fünf Jahre eidesstaatlich garantiert, dass Sie sich richtig integrieren. Lernen Sie die wahre Humanität kennen. Hören Sie endlich auf, so einfallslos auf Rechte zu pochen! Denn was gibt es größeres in der Welt als Großzügigkeit und Dankbarkeit? Die darin etwas starren Rollen bemüht sich die neoliberale Regie längst aufzulockern. Ein wahrhaftig großartiger Ausblick für viele: Heute zwar nur für AsylantInnen, aber vielleicht schon morgen auch für die Arbeitslosen, und wieso nicht übermorgen auch für ArbeitnehmerInnen? Denn: Neue Konzepte braucht die Welt! … und wenn man gerade keine haben will, tut es auch ein Lifting der Alten.
Wie tief sich ein solches Klassifizieren von Menschen breit macht und verselbständigt, machte vor kurzem die Aussage einer in feministischen Zusammenhängen angestellten Mitstreiterin klar. Nachdenklich teilte sie mit, dass sie jedes Mal Angst bekomme, wenn sie Kopftuch tragende Frauen sehe. Wie es dazu kommt, alle darunter subsumierten Subjektivierungen in einem Atemzug zusammen zu denken, sie als Einheit zu sehen und welche Projektionen dabei losgetreten werden – darüber ließ sich nicht diskutieren. Welche Gefühle die tägliche Neudefinierung von Feminismus, angesichts der Überfülle an neokonservativ-feministischen Angeboten auslöst, ist nicht gemeinsames Thema geworden. Aber genug von Gefühlen …
Tag für Tag rücken durch solche massive Erosionen nicht nur Allianzen wie jene nach dem Jahre 2000 in weite Ferne, auch die tägliche Praxis des gemeinsamen Widerstands, mögliche Strategien, trotz Differenzen getragene Gemeinsamkeiten, neu ge- und erfundene Bündnisse und die gemeinsamen Alternativen bleiben somit auf der Strecke.