feministische w_orte
Lann Hornscheidts Buch feministische w_orte ist mutig. Coverdesign, Layout, Verlag, Zitationsregeln weisen es sofort als akademisches Buch aus, und also spielt es im Regelfeld der Akademia. Diese Regeln aber testet und dehnt Hornscheidt beharrlich, und dehnt sie immer weiter. So ist konsequent alles im Buch kleingeschrieben, um „setzungen stärker zu hinterfragen“ und „in fluss und bewegung zu versetzen“. Das ist auch normen- und autoritätskritisch gemeint und, wie das Buch ganz generell, an Empowerment orientiert. Es gibt ein explizites Experimentieren mit Thematiken: ein Schreiben entlang von Gefühlen. Es gibt gezieltes morphologisches Erfinden – also eine Arbeit an Formen der Wortbildung, die an anti- oder nicht- oder contra-diskriminatorischem Sprechen und hier vor allem gegen Heteronormativität und Sexismus ausgerichtet sind, oder wie Hornscheidt sagt: gegen genderismus, in all seinen unterschiedlichen Realisierungsformen wie zweigenderung, androgenderung cisgenderung uvm. Es gibt gezielte Aufmerksamkeit für rassistische und ableistische Diskriminierung. Es gibt jede Menge Unterstriche (ant_wo_orten, an_stöße, dyke_trans, contra_rassistisch), die Abstände setzen und damit ein Anhalten und Nachdenken begünstigen. Es gibt sehr explizit eingesetzte Poetiken: ein an vielen Stellen deutlich subjektivierter Text, also ein Text, der von einem Ich ausgeht, das auf die Autor*in bzw. mit Hornscheidt auf autorx verweist; und oft Wiederholungen und Aufzählungen als ein Stilmittel, das Platz und Ausdehnung herstellt. Aber zuweilen klingen die Ich-Sätze nach Beichte, und manchmal käme mehr formale Strenge statt Länge meinen Lesegewohnheiten entgegen. Vor allem wünschte ich mir ein Layout, das die zahlreichen Gedichte, die Schwarze Positionen und Schwarzes Wissen formulieren, nicht so sehr in den Fluss des Buches eingemeinden. Und es baut sich beachtlicher Lesewiderstand auf, den ich, der Aufforderung des Buches folgend, zwar befrage („die eigene abwehr infrage stellen“), der sich aber beharrlich meldet angesichts einer bestimmten Dimension des Buches, einer Sehnsucht vielleicht, nach Gewalt- und Diskriminierungslosigkeit („gibt es eine nicht diskriminierende, diskriminierungsfreie sprache“). Diese Sehnsucht ist das eine, und vielleicht für manche auch nachvollziehbar. Schwieriger aber wäre die Vorstellung, es gäbe dies wirklich, eine gute Sprache, gewaltfrei, nicht diskriminierend, und als könnten wir dorthin gelangen (wo wäre dieser reine Sprachraum, außerhalb anderer gesellschaftlicher Formen wie herrschender Ökonomien oder Verwandtschaftssystemen und ihren spezifischen Gewaltlogiken?). Als könnten wir also in einen gewaltfreien Sprachraum gelangen, indem wir nur genug lernen und erfinden und üben, Lexika der guten Sprache und antidiskriminatorische Schreibanleitungen verfassen, so dass Rassismus, Genderismus und Ableismus irgendwann nicht mehr existieren. Und als könne man sich selbst bereinigen, als könne man sich auf die richtige Seite schlagen... Ich übertreibe hier, auch unter dem Eindruck eines umfassenden Korpus schwuler theoretischer und ästhetischer Arbeiten, die gegen heilsame und heilende Ästhetiken gerichtet sind; die sich für Asozialität, Verrat und Selbstauflösung interessieren; und also für einen unautorisierten (also Autoritäten verlachenden), antireparativen Gewaltumgang. Aber dann gibt es halt kein informatives Glossar und keine informativen Beschreibungen verschiedenster Möglichkeiten, sprachlich gegen Diskriminierung zu intervenieren. Und auch diese bietet Lann Hornscheidts Buch eben sehr wohl in Hülle und Fülle.