Demokratie

Ist es nicht merkwürdig? Menschen nehmen teil an den Wahlen für das europäische Parlament, doch ihr Votum wird nur auf nationaler Ebene relevant. Fast alle Kommentare analysieren die Wahlergebnisse vom Standpunkt der jeweiligen Nationalpolitik her. Als sei es nicht um die europäischen, sondern um eine Art nationaler Probewahlen gegangen.
<div class="ig-wysiwyg" id="parent-fieldname-text"> <p><i>Gabriele Gerbasits vertrat die IG Kultur Österreich mit folgendem Impulsstatement (Titel: Das Partizipative Demokratiemodell in Porto Alegre) bei der Fachtagung "KulturMitWirkung – Kultur/einrichtungen und Förderung von Partizipation", die von 22. - 23. April 2004 in Wien stattfand.</i><br /> <br /> <br /> Die IG Kultur Österreich beschäftigt sich seit einiger Zeit mit dem Thema Partizipation - wobei die IG
In Zeiten eines expansiven globalen Kapitalismus, der Korporatisierung von Kultur, der Zerstörung des Wohlfahrtsstaats und der Marginalisierung der kritischen Linken ist es entscheidend, Formen der Kritik, Partizipation und des Widerstands in den sich überschneidenden Feldern von Kultur und Politik zu diskutieren und zu bewerten. Dies betrifft vor allem das Ineinandergreifen von politischer Repräsentation und Politiken der Repräsentation, Präsentation und Partizipation.
Es sei das unverkennbare Zeichen demokratischen Fortschritts, behaupten Optimisten, wenn die europäischen Postfaschisten die "Solidarität mit Israel" ausrufen und ihre schwarzen Hemden in die Rumpelkammer der Geschichte abwerfen. Ihr Verzicht sei nichts als reiner Gewinn für Demokratie. Was aber, wenn diese Verwandlung auf eine ganz andere Ursache zurückzuführen ist - etwa auf die großartige Entdeckung Finis und seiner Nachahmer, dass ihre rassistischen Interessen eigentlich in keinerlei Widerspruch zur Demokratie stehen und nicht außerhalb, sondern gerade inmitten des realexistierenden Demokratiesystems politisch realisiert werden können?
Ist Öffentlichkeit die Grundbedingung von Demokratie - sei es in Form der athenischen Agora oder des rationalen Diskurses nach Habermas? Oder ist Öffentlichkeit die Manipulation der Massenmedien im Kapitalismus? Sind die Salons der Intellektuellen, die Aufmarschplätze der Arbeitermacht oder das Parlament die eigentlichen öffentlichen Räume?
In demokratischen Staaten werden Regierungen nach dem Willen des Volkes gebildet. Als "Wille des Volkes" gilt, wofür eine Mehrheit votiert. Drücken die Ergebnisse solcher Wahlen aber tatsächlich aus, was sich die Menschen von der Politik ihres Landes erwarten, ist mit einem Kreuz "für" eine Partei beispielsweise berücksichtigt, was sie nicht wollen?
Komischerweise hat mich an der Wende am meisten das Moralische, das Kulturpolitische, das Erinnerungspolitische gestört, und es stört mich noch immer. Ich sage komischerweise, denn die FPÖ wird im Inland eher als eine neoliberale Partei gesehen. Ich sehe sie vor allem als eine nationalpopulistische und (seit Haiders Coup auf dem Innsbrucker Parteitag von 1986) als eine revisionistische und nazifreundliche Partei.
Die Frage sollte vielmehr lauten: Wo finden sich denn überhaupt noch Diskussionen über Themen wie: Brauchen wir eine parlamentarische Demokratie? Gibt es eine "andere", eine partizipatorische Demokratie? Brauchen wir einen Staat? Wird es zukünftig Kommunismus geben? Sozialismus? Kapitalismus?